Nachdenklich stimmen muss, dass bei Pflege durch Angehörige die Ersatzleitungen in Österreich und der Schweiz beim Zwei- bis Dreifachen der deutschen Werte liegen.[37] Der überaus maßvolle Stundenlohn dürfte dafür eine Hauptursache sein. Bezugspunkt dürfte eher das faktische Lohnniveau von Billigkräften aus Osteuropa sein; sachgerecht wäre hingegen eine Orientierung am Lohn einer ausgebildeten und in Deutschland angemessen zu entlohnenden Pflegekraft.[38] Beim Zukunftsschaden möge bedacht werden, dass abgesehen davon, dass das Lohnniveau von – häufig nicht ausgebildeten und der deutschen Sprache nur unzureichend kundigen – Billigkräften aus Osteuropa an sich verfehlt ist, die kommenden Jahre und Jahrzehnte aber zudem – voraussichtlich – zu einer Verringerung der Unterschiede führen werden.

Kritisch sei an dieser Stelle auch angemerkt, dass der BGH namentlich beim Haushaltsführungsschaden, aber auch den Pflegeleistungen verlangt, dass sich eine fiktive Ersatzkraft stundenmäßig dem sich infolge stationärer Krankenhausaufenthalte und dem Heilungsverlauf wandelnden Bedarf anpasst,[39] dafür aber – häufig nicht einmal – der tarifliche Lohn in Ansatz gebracht wird. Ansonsten ist es eine ökonomische Binsenweisheit, dass eine zeitlich unterschiedliche Inanspruchnahme solcher Dienstleistungen am Markt mit einer Erhöhung des Stundenlohns einhergeht gegenüber der kontinuierlichen Beschäftigung über einen längeren Zeitraum. Möglicherweise wäre in solchen Fällen das Entgelt von derartige Dienstleistungen anbietenden Agenturen der passendere Ausgangspunkt der richterlichen Schadensschätzung, bereinigt um deren Selbstkosten für die Verwaltung und deren Gewinn. Tendenziell würde das zu höheren Ansätzen führen.

[37] So bereits Ch. Huber, Haushaltsführung und Pflegedienstleistungen durch Angehörige – ein unterschätzter Schadensposten?, DAR 2010, 677 ff.
[38] Zum dürftigen Stundenlohn von 10 EUR für die Pflege eines schwerst behinderten Kindes jüngst KG v. 11.12.2017 – 20 U 19/14, demnächst MedR 2018, 575 (Ch. Huber).

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