"… Auch eine vollständige Klageabweisung kommt auf der Grundlage der erstinstanzlichen Feststellungen nicht in Betracht. Das LG ist nämlich zu Recht davon ausgegangen, dass die von der Bekl. erhobene Einrede der Verjährung nicht durchgreift."
Die Verjährung war hier zunächst vom 29.8.2007 – dem Tag des Zugangs des Anspruchsschreibens des Streitverkündeten (…) – bis zum 26.1.2016 (dem Tag des Eingangs des Ablehnungsschreibens der Bekl.) gem. § 3 Nr. 3 S. 1 PfIVG a.F. gehemmt.
Nach § 3 Nr. 3 S. 1 PfIVG a.F. ist die Verjährung bis zum Eingang der schriftlichen Entscheidung des VR gehemmt, wenn der Anspruch des Dritten bei dem VR angemeldet worden ist.
Zwar kann nicht nur eine ablehnende, sondern auch eine anspruchsbejahende, für den Geschädigten positive Erklärung des VR eine Entscheidung i.S.d. § 3 Nr. 3 S. 1 PfIVG a.F. darstellen (vgl. etwa BGH BGHZ 114, 299, 301). Jedoch können nur solche positiven Bescheide als Entscheidung im Sinne dieser gesetzlichen Vorschrift gewertet werden, die eine klare und umfassende Erklärung des VR aufweisen. Dabei hängt die Wertung, ob eine Erklärung des VR den insoweit maßgeblichen Anforderungen genügt, wesentlich von der Würdigung der Umstände des Einzelfalls ab.
Indes kann die Verjährungshemmung nur dann ihr Ende finden, wenn dem Anspruchsteller durch die Erklärung zweifelsfreie Klarheit über die Haltung des Haftpflichtversicherers des Schädigers gegenüber seinen Forderungen als Grundlage für die sachgerechte Durchsetzung seiner Ansprüche verschafft wird. Im Hinblick auf den Schutzzweck des § 3 Nr. 3 S. 1 PfIVG a.F. beendet eine positive Entscheidung des VR die Verjährungshemmung daher nur dann, wenn der Geschädigte aufgrund dieser Entscheidung sicher sein kann, dass auch künftige Forderungen aus dem Schadensfall freiwillig bezahlt werden, sofern der Anspruchsteller die entsprechenden Schadensposten der Höhe nach ausreichend belegt. Demgemäß muss die Erklärung zu den Ansprüchen erschöpfend, umfassend und endgültig sein (vgl. hierzu etwa BGH BGHZ 114, 299, 303).
Nach diesen Maßstäben kann im Streitfall nicht von einer umfassenden Entscheidung der Bekl. i.S.d. § 3 Nr. 3 S. 1 PfIVG a.F. gesprochen werden.
Zwar kann in der vorbehaltlosen Ersatzleistung auf einzelne Schadenspositionen ein Anerkenntnis i.S.d. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB liegen (vgl. etwa BGH NJW 2017, 2271, 2272). Ein derartiges Anerkenntnis, das zu einem Neubeginn der Verjährung des Gesamtanspruchs zu führen vermag, ist aber einer die Verjährungshemmung des § 3 Nr. 3 S. 1 PfIVG a.F. beendenden Entscheidung nicht ohne Weiteres gleichzusetzen; Verjährungsneubeginn und Verjährungshemmung können in entsprechenden Fällen nebeneinander treten (vgl. hierzu etwa BGH VersR 1984, 441, 442). Die zum Wegfall der Verjährungshemmung führende anspruchsbejahende Erklärung des VR muss nicht nur ein Anerkenntnis i.S.d. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB umfassen, sondern dem Geschädigten auch umfassend und endgültig Klarheit über die Einstandsbereitschaft des VR hinsichtlich aller in Betracht kommenden Schadenspositionen geben (vgl. BGH NJW-RR 1996, 474, 475).
Das Schreiben der Bekl. vom 20.12.2007 lässt nicht mit der gebotenen Klarheit erkennen, ob die Bekl. auch alle künftigen angesichts der Verletzungen des Kl. noch zu gewärtigenden Schadensposten, die bisher nicht Gegenstand der Abrechnung waren, zu ersetzen bereit sein wird, soweit sie betragsmäßig belegt werden. Es reicht insoweit zur Erfüllung der Anforderungen an eine die Verjährungshemmung beendende positive Entscheidung des VR auch nicht aus, wenn der Kl. aufgrund des Abrechnungsschreibens wohl davon ausgehen konnte, dass eine zumindest anteilige Haftung der VN der Bekl. nicht mehr bestritten werde (vgl. etwa BGH NJW-RR 1996, 474, 475).
Mangels einer den Anforderungen des § 3 Nr. 3 S. 1 PfIVG a.F. entsprechenden Entscheidung der Bekl. blieb die Verjährung somit bis zum 26.1.2016 dauerhaft gehemmt. Die Bekl. wird dadurch nicht unbillig belastet, denn sie hatte es in Kenntnis der Unfallfolgen des Kl. und der darauf beruhenden wahrscheinlichen weiteren Schadenspositionen selbst in der Hand, die Verjährung durch eine formwahrende und eindeutige Erklärung wieder in Lauf zu setzen (…). Entsprechend ist es dem Kl. weder unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung noch im Übrigen nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf das Fehlen einer wirksamen Entscheidung nach § 3 Nr. 3 S. 1 PfIVG a.F. und damit auf die Fortdauer der Verjährungshemmung zu berufen (vgl. BGH NJW 2017, 2271, 2272).
Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kl. hier über einen mehrjährigen Zeitraum hinweg das Schreiben der Bekl. vom 20.12.2007 nicht beantwortet hat. Beantwortet der Geschädigte Fragen des VR – wie hier – (zunächst) nicht, so endet die Hemmung nicht etwa zu dem Zeitpunkt, zu dem spätestens eine Antwort zu erwarten gewesen wäre (vgl. etwa BGH NJW 1977, 674, 675). Die bloße Untätigkeit des Kl. während eines längeren Zeitraumes berechtigt keineswegs zu der Annahme, der schriftliche Bescheid sei überflüssig und sinnlos, mit ihm könne ...