Leitsatz
Auch bei einer Arbeitnehmerin über 58 Jahre musste ein sachlicher Grund für mehrere aneinandergereihte Befristungen bestehen. Grundlage war die Rechtslage zwischen 2003 und 2007.
Sachverhalt
Das Arbeitsverhältnis einer über 58 Jahre alten Arbeitnehmerin konnte auf der Grundlage des TzBfG in der vom 1.1.2003 bis zum 30.4.2007 geltenden Fassung (a.F.) ohne Sachgrund nicht wirksam befristet werden, wenn dem letzten befristeten Vertrag mehrere befristete Verträge vorangegangen waren, die sich nahtlos an ein beendetes unbefristetes Arbeitsverhältnis angeschlossen hatten. Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG (a.F.) bedurfte die Befristung eines Arbeitsvertrags keines sachlichen Grunds, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 58. Lebensjahr vollendet hatte.
Nach § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG (a.F.) war die Befristung nicht zulässig, wenn zu einem vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber ein enger sachlicher Zusammenhang bestand. Ein solcher ist auch gegeben, wenn dem befristeten Vertrag nicht unmittelbar ein unbefristeter Vertrag vorausging, sondern in der Zeit zwischen dem letzten befristeten und dem früheren unbefristeten Vertrag mehrere sich jeweils nahtlos aneinander anschließende befristete Verträge lagen.
Diese Vorschrift ist auch anwendbar, wenn das frühere Arbeitsverhältnis aufgrund einer tarifvertraglichen Altersgrenze endete. Zwar unterliegen tarifvertragliche Altersgrenzen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle. Arbeitsverträge, die auf unbestimmte Zeit geschlossen werden und lediglich einer allgemeinen tariflichen Altersgrenze unterfallen, sind aber i.S. v. § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG (a.F.) "unbefristet". Dies folgt insbesondere aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die andernfalls ihren Anwendungsbereich weitgehend verlöre.
Die im April 1945 geborene Klägerin war bei der beklagten Luftfahrtgesellschaft als Flugbegleiterin beschäftigt. Ihr Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer tarifvertraglichen Altersgrenze mit der Vollendung des 55. Lebensjahrs im April 2000. In der Folgezeit schlossen die Parteien mehrere jeweils auf 1 Jahr befristete, sich nahtlos aneinander anschließende Arbeitsverträge, den letzten für die Zeit vom 1.5.2004 bis 30.4.2005. Mit ihrer Klage machte die Klägerin die Unwirksamkeit der letzten Befristung geltend. Die Beklagte berief sich auf § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG (a.F.). Wie bereits beim LAG hatte die Klage beim BAG Erfolg. Die Befristung kann nicht auf § 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG (a.F.) gestützt werden. Zwischen dem letzten befristeten Vertrag und dem früheren, im April 2000 beendeten Arbeitsverhältnis bestand ein enger sachlicher Zusammenhang nach § 14 Abs. 3 Satz 2 TzBfG (a.F.).
Hinweis
Die Rechtslage ab 1.5.2007 ist folgende: Die Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grunds ist gem. § 14 Abs. 3 TzBfG n.F. bis zu einer Dauer von 5 Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens 4 Monate beschäftigungslos gewesen ist, in diesem Zeitraum Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem SGB II oder dem SGB III teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von 5 Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrags zulässig.§ 14 Abs. 3 TzBfG enthält kein sog. Anschlussverbot. Ein befristeter Arbeitsvertrag kann daher auch abgeschlossen werden, wenn der ältere Arbeitnehmer bereits früher bei demselben Arbeitgeber befristet oder unbefristet beschäftigt war, sofern er vor Beginn des nach § 14 Abs. 3 TzBfG befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens 4 Monate lang beschäftigungslos war, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme teilgenommen hat.
Link zur Entscheidung
BAG, Urteil v. 19.10.2011, 7 AZR 253/07.