Leitsatz

  1. Pflichten des Verwalters bei größeren Instandsetzungsvorhaben in mehreren Bauabschnitten
  2. Einholung von Konkurrenzangeboten auch bei nicht nur geringfügigen Folgeaufträgen
  3. Keine Haftung des Verwalters für etwaige Mängel bei der Rechnungsprüfung, wenn zur Bauüberwachung und Objektbetreuung ein Ingenieurbüro eingeschaltet wurde
  4. Auch gerichtlicher Teil-/Grundbeschluss im WE-Verfahren möglich
 

Normenkette

(§ 27 Abs. 1 WEG; § 675 BGB; § 21 HOAI; § 304 ZPO)

 

Kommentar

1. Steht zu Beginn größerer Sanierungsarbeiten der erforderliche Gesamtsanierungsumfang noch nicht fest und ist es erklärter Wille der Eigentümer, bestimmte Sanierungen im Bereich des Gemeinschaftseigentums "so spät wie möglich" durchzuführen, ist eine schuldhafte Pflichtverletzung des Verwalters durch sukzessive Auftragsvergaben zu verneinen.

Werden auch Folgeaufträge an ein einziges Unternehmen vergeben und dadurch Kostensteigerungen ausgelöst, könnte sich allerdings eine Haftung des Verwalters aus positiver Forderungsverletzung des Verwaltervertrags ergeben. Da hier noch über einen möglichen Schaden der Gemeinschaft entsprechende gutachterliche Feststellungen zu treffen sind, musste die Sache an das AG zurückverwiesen werden.

2. Auch bei größeren Instandsetzungsvorhaben ist ein Verwalter regelmäßig verpflichtet, Konkurrenzangebote einzuholen; dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn er für bereits abgeschlossene Bauabschnitte das durch Ausschreibung ermittelte preisgünstigste Unternehmen beauftragt hatte und nun einen nicht nur geringfügigen Folgeauftrag vergeben will. Dabei muss nicht die billigste Lösung in Betracht kommen. Für einen privaten Verwalter besteht im Regelfall auch keine Pflicht, eine Ausschreibung nach den Regeln der VOB/A vorzunehmen, weil er als Privatperson einer solchen Verpflichtung, Aufträge auszuschreiben, nicht unterliegt. Wird allerdings ein Folgeauftrag erst knapp drei Jahre später vergeben, hätte bei der beabsichtigten Beauftragung des bisherigen Unternehmers auch berücksichtigt werden müssen, dass ein mit einem früheren Auftrag bedachter günstiger Anbieter nicht selten dazu neigt, bei Folgeaufträgen mangels eines Wettbewerbs zu seinen Gunsten großzügiger zu kalkulieren. Vorliegend hätte auch ausreichend Zeit bestanden, im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung durch Einholung von Konkurrenzangeboten Preisvergleiche anzustellen. Selbst wenn einem Verwalter weitgehend freie Hand für die Auswahl und Beauftragung eines Unternehmens gelassen wird, muss er umso sorgfältiger bei der Ermittlung des für die Eigentümer günstigsten Angebots vorgehen; allein der Umstand "bekannt und bewährt" (vgl. BGH, ZfBR 2002, 184) wird bei höheren preislichen Differenzen, aber i.Ü. vergleichbaren Leistungen, jedenfalls ohne Beschluss der Eigentümer im Allgemeinen kein durchschlaggebender Gesichtspunkt für einen bestimmten Unternehmer sein.

3. Schaltet der Verwalter berechtigtermaßen zur Bauüberwachung und Objektbetreuung ein Ingenieurbüro ein, so haftet er regelmäßig nicht für etwaige Mängel bei der Rechnungsprüfung des beauftragten Sanierungsunternehmens; das eingeschaltete Fachbüro ist im Verhältnis des Verwalters zu den Wohnungseigentümern nicht dessen Erfüllungsgehilfe. Ein Verschulden des Büros wird deshalb dem Verwalter nicht gem. § 278 BGB zugerechnet (vgl. auch BayObLG, WE 1992, 23; OLG Düsseldorf, NZM 1998, 721, Gottschalg, Die Haftung von Verwalter und Beirat in der Wohnungseigentümergemeinschaft, Rn. 131). Einem Verwalter obliegt nämlich nicht die Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums als solche; vielmehr ist er nur verpflichtet, für die Instandsetzung zu sorgen (BayObLG, NJW-RR 1992, 1102/1103).

4. In wohnungseigentumsgerichtlichen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit kann auch ein Teil-/Grundbeschluss ergehen. Voraussetzung für einen Grundbeschluss analog § 304 ZPO ist jedoch, dass im anschließenden Betragsverfahren (über eine Schadensersatzverpflichtung des Verwalters) mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Zahlungsanspruch in irgendeiner Höhe besteht (vgl. BGH, NJW 2001, 224). Da dieser Grad an Wahrscheinlichkeit vom Senat auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen der Tatsacheninstanzgerichte nicht zu bejahen ist (auch wenn eine gewisse Vermutung dafür spricht, dass bei Einholung von Konkurrenzangeboten für die noch in Rede stehenden Baumaßnahmen günstigere Preise hätten erzielt werden können), war die Rückverweisung der Sache an das AG geboten. Selbst die Feststellung eines günstigeren Konkurrenzangebots bedingt allerdings nicht zwangsläufig die Pflicht zur Vergabe an einen Konkurrenten (BayObLG, WE 1995, 297/298).

5. Somit wird das AG mit sachverständiger Beratung noch zu klären haben, ob seinerzeit bei zumutbarer Marktbeobachtung und vor allem bei Einholung von bis zu 3 Konkurrenzangeboten ein Auftragnehmer mit günstigeren Preisen ausfindig zu machen gewesen wäre. Bei nur unwesentlich feststellbaren Preisdifferenzen ist es nicht zwingend, dass sich die Verwaltung durch die Vergabe an einen geringfügig teureren Bi...

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