Leitsatz
Mit Urteil vom 15.1.2007 lehnte das KG Berlin die Schadensersatzklage einer Anlegerin gegen zwei Vorstandsmitglieder eines Filmproduktionsunternehmens ab. Die Klägerin hatte, veranlasst durch drei Ad-hoc-Mitteilungen, für deren Inhalt die beiden Beklagten verantwortlich waren, Aktien des Unternehmens erworben. Die Aktien entwickelten sich nicht wie erwartet. Die Klägerin hatte vorgetragen, die Ad-hoc-Mitteilungen haben unzutreffende und irreführende Informationen enthalten.
Hinweis
Bei Ad-hoc-Mitteilungen handelt es sich um Meldungen eines Unternehmen, die alle Aktionäre gleichzeitig erreichen sollen und Informationen über das Unternehmen beinhalten. Börsennotierte Unternehmen sind nach § 15 WpHG verpflichtet, solche Tatsachen, die den Börsenkurs der zugelassenen Wertpapiere eines Unternehmens erheblich beeinflussen können, sofort zu veröffentlichen. Häufig verbreiten Aktiengesellschaften im Wege der Ad-hoc-Mitteilung Neuigkeiten zu Unternehmenszahlen oder bedeutsamen Geschäftsabschlüssen.
Vorstandsmitglieder, die die Veröffentlichung einer fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung veranlassen und für ihren Inhalt verantwortlich sind, können gem. § 826 BGB haftbar gemacht werden. Ansprüche aus der spezialgesetzlichen Prospekthaftung für Wertpapiere, geregelt in §§ 44 f. BörsG, sowie Ansprüche aus allgemeiner zivilrechtlicher Prospekthaftung greifen bei der Veröffentlichung von Ad-hoc-Mitteilungen in der Regel - und so auch hier - nicht, da es sich bei diesen gemeinhin nicht um Prospekte handelt (vgl. Infomatec-Entscheidungen BGHZ 160, 149; BGHZ 160, 134; BGH WM 2004, 1726; EMTV-Entscheidung BGH ZIP 2005, 1270). Das Gleiche gilt für Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 264a StGB oder § 15 WpHG. § 264a StGB verlangt ebenfalls eine fehlerhafte Information in einem Prospekt. § 15 WpHG stellt bereits kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar (BGH Infomatec-Entscheidungen).
Auch vorliegend hat das KG Berlin lediglich die Haftung der verklagten Vorstandsmitglieder gem. § 826 BGB geprüft. Voraussetzung für diese Haftung ist, dass eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung vorliegt. Diese wird nach der obergerichtlichen Rechtsprechung dann angenommen, wenn die Ad-hoc-Mitteilung vorsätzlich mit bewusst unwahrem Inhalt veröffentlicht wurde (BGH NJW 2004, 2668, 2669; BGH MDR 2005, 27). Für den Vorsatz genügt dabei Eventualvorsatz (BGH Infomatec in BGZ 160, 149). Die Sittenwidrigkeit verlangt eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen. Die Verwerflichkeit kann dabei aber bereits durch die vorsätzliche unlautere Beeinflussung der Aktionäre durch eine grob unrichtige Ad-hoc-Mitteilung indiziert sein, da ein solches Handeln in grobem Maße gegen die Mindestanforderungen im Rechtsverkehr auf dem Kapitalmarkt verstößt (BGH Infomatec in BGZ 160, 149).
Für die Bestimmung, ob der Inhalt einer Ad-hoc-Mitteilung unwahr ist, sind die zu § 400 AktG und § 331 HGB entwickelten Grundsätze im Rahmen des § 826 BGB anzuwenden. Danach sind Ad-hoc-Mitteilungen objektiv unwahr, wenn die in ihnen enthaltenen Tatsachen in Bezug auf die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft nicht der Sachlage entsprechen.
Das KG Berlin hat hierzu konkreter ausgeführt und betont, dass Ad-hoc-Mitteilungen auch dann unwahr sein können, wenn zwar die mitgeteilten Tatsachen objektiv zutreffend sind, aus ihnen aber falsche Schlüsse gezogen werden; letztere müssen im Hinblick auf den dem Vorstand eingeräumten Bewertungs- und Ermessensspielraum, ohne den ein Unternehmen nicht geleitet werden kann, jedoch grob falsch und schlechthin unvertretbar sein, um tatbestandlich als sittenwidrige vorsätzliche Schädigung i. S. d. § 826 BGB eingestuft werden zu können.
Im vorliegenden Falle verneinte das KG Berlin die oben dargelegten Voraussetzungen einer Haftung. Keine der drei Ad-hoc-Mitteilungen sei objektiv unwahr gewesen. Selbst wenn in den Mitteilungen falsche Schlussfolgerungen hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der finanziellen Verhältnisse des Unternehmens enthalten gewesen sein sollten, seien diese nach den vorgenannten Grundsätzen nicht bewusst unrichtig veröffentlicht worden. Die Beklagten haben berechtigt an eine positive Entwicklung glauben dürfen.
Fazit: Bei der Ausgabe von Ad-hoc-Mitteilungen müssen Vorstände beachten, dass bei vorsätzlicher Veröffentlichung der Mitteilung mit bewusst unwahrem Inhalt eine Haftung wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung gem. § 826 BGB droht. Für den Vorsatz ist hier schon Eventualvorsatz ausreichend und die Sittenwidrigkeit kann dabei bereits durch die vorsätzliche unlautere Beeinflussung der Aktionäre durch eine grob unrichtige Ad-hoc-Mitteilung indiziert sein. Zu beachten ist, dass eine Ad-hoc-Mitteilung schon dann falsch sein kann, wenn aus den darin enthaltenen objektiv richtigen Tatsachen falsche Schlüsse gezogen und diese ebenso veröffentlicht werden. Aufgrund des den Vorstandsmitgliedern eing...