Leitsatz
1. Ist streitig, ob eine Einbauküche als Zubehör i. S. v. § 97 BGB, § 55 ZVG gilt, so ist zunächst zu prüfen, ob eine Einbauküche von der Verkehrsanschauung als Zubehör bewertet wird. Beweispflichtig hierfür ist der Mieter.
2. Lässt sich keine entsprechende Verkehrssitte feststellen, so kommt es darauf an, ob der Mieter die Küche lediglich für eine vorübergehende Zeit in die Wohnung eingebracht hat. Auch hierfür ist der Mieter beweispflichtig.
(Leitsätze der Redaktion)
Normenkette
BGB § 97; ZVG §§ 55, 90
Kommentar
Zwischen dem Erwerber eines Mehrfamilienhauses und dem Mieter einer dort befindlichen Wohnung ist streitig, wem das Eigentum an einer vom Mieter eingebrachten Einbauküche zusteht. Der Erwerber hat das Eigentum an dem Grundstück im Wege der Zwangsversteigerung erworben. Der Mieter hat die Wohnung geräumt und dabei die Einbauküche mitgenommen. Der Erwerber vertritt die Ansicht, dass die Einbauküche wesentlicher Bestandteil des Grundstücks, mindestens aber Zubehör sei. Dem ist das Landgericht gefolgt.
Der BGH hat das Urteil aufgehoben:
1. Mit der Erteilung des Zuschlags geht das Eigentum an einem Grundstück auf den Erwerber über (§ 90 ZVG). Zugleich erwirbt der Ersteher Eigentum an den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks. Hierzu zählen solche Gegenstände, die fest mit dem Gebäude verbunden sind, sodass sie nur unter Zerstörung der Sachsubstanz entfernt werden können (§§ 93, 94 BGB). Eine vom Mieter eingebrachte Einbauküche gehört in der Regel nicht zu den wesentlichen Bestandteilen des Gebäudes, weil der Mieter die Küche bei Mietende ausbauen und in seiner neuen Wohnung weiter verwenden kann.
2. Weiter erwirbt der Ersteher gem. § 55 Abs. 2 ZVG das Eigentum an fremdem Zubehör. Nach der Legaldefinition in § 97 Abs. 1 S. 1 BGB sind unter dem Begriff des Zubehörs "bewegliche Sachen (zu verstehen), die, ohne Bestandteil der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen". In § 97 Abs. 1 S. 2 BGB ist geregelt, dass eine Sache nicht Zubehör ist, "wenn sie im Verkehr nicht als Zubehör angesehen wird". Aus dieser Regelung folgt, dass die Zubehöreigenschaft einer Einbauküche in zwei Schritten zu prüfen ist.
a) Zunächst ist zu fragen, ob eine Einbauküche von der Verkehrsanschauung als Zubehör bewertet wird. Dies kann von Region zu Region verschieden sein. In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird die Frage regelmäßig verneint (OLG Frankfurt/M., Beschluss v. 2.12.1987, 21 W 46/87, ZMR 1988, 136; OLG Hamm, Urteil v. 24.11.1988, 27 U 68/88, NJW-RR 1989, 333; OLG Zweibrücken, Beschluss v. 26.10.1992, 3 W 176/92, Rpfleger 1993, 169; OLG Koblenz, Urteil v. 17.6.1992, 5 U 68/92, ZMR 1993, 66; OLG Düsseldorf, Urteil v. 19.1.1994, 11 U 45/93, NJW-RR 1994, 1039; a. A.: OLG Nürnberg, Urteil v. 2.4.2002, 3 U 4158/01, NJW-RR 2002, 1485). Dies beruht auf der Erwägung, dass der Mieter eine von ihm eingebrachte Einbauküche üblicherweise entweder mitnimmt oder an den Nachfolger verkauft. Beweispflichtig für das Fehlen der Zubehöreigenschaft ist der Mieter (BGH, Urteil v. 1.2.1990, IX ZR 110/89, NJW-RR 1990, 586; OLG Nürnberg, a. a. O.).
b) Lässt sich keine entsprechende Verkehrssitte feststellen, so kommt es darauf an, ob der Mieter die Küche lediglich für eine vorübergehende Zeit in die Wohnung eingebracht hat. Auch hierfür ist der Mieter beweispflichtig.
In dem vorliegenden Fall war u. a. streitig, ob die Küche ganz oder teilweise aus Mitteln der früheren Vermieterin beschafft worden ist. Diesen Punkt hat der BGH als entscheidungserheblich angesehen, weil in diesem Fall anzunehmen ist, dass die Küche auf Dauer in der Wohnung verbleiben sollte. Da die Streitfrage noch nicht geklärt war, hat der BGH das Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 20.11.2008, IX ZR 180/07BGH, Urteil v. 20.11.2008, IX ZR 180/07, NJW 2009, 1078 m. Anm. Geisler, jurisPR-BGHZivilR 7/2009 Anm. 1