Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 14 Nr. 1 WEG, § 22 Abs. 1 WEG
Kommentar
1. Ein Doppelhaus-Wohnungseigentümer hatte nachträglich seine Sondernutzungsfläche mit einem Zaun und Gartentürchen abgegrenzt, einen gläsernen Windfang vor den Hauseingang gesetzt und die Kelleraußentreppe überdacht. Behördliche Baugenehmigung wurde erteilt.
In der Gemeinschaftsordnung war u.a. vereinbart:
"1.Die Einheiten sollen - soweit zulässig - wirtschaftlich und rechtlich selbständig sein.
2. Zu baulichen Maßnahmen aller Art muss ein anderer Eigentümer nur dann zustimmen, wenn seine Zustimmung auch bei durchgeführter Realteilung nötig wäre".
Der Unterlassungs- und Beseitigungsantrag des Nachbarn wurde vom Amtsgericht kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Einräumung eines Sondernutzungsrechtes für sich allein begründet nach h. M. grds. keine Befugnis zur Vornahme baulicher Änderungen (zur Beseitigung eines Geräteschuppens vgl. z.B. BayObLG, DWE 86, 95 und NJW-RR 88, 591); insoweit verbleibt es bei den Grundsätzen zu § 22 WEG. Auch eine Vereinbarung etwa des Inhalts, dass ein Sondernutzungsberechtigter über seine Nutzfläche so verfahren könne, als ob es sich um Sondereigentum handeln würde, führt ebenfalls zu keiner Erweiterung des § 22 WEG, da auch ein "Sondereigentümer" in die Gemeinschaft eingebunden bleibt. Den Bindungen des § 22 WEG ist man nur dann nicht ausgesetzt, wenn vereinbart sein sollte, dass Eigentümer im Sondernutzungsbereich "wie Alleineigentümer"sollten verfahren dürfen.
3. Die vorliegend getroffene Vereinbarung läuft auf eine Handlungsberechtigung "wie ein Alleineigentümer" hinaus, so dass insoweit die abdingbare Bestimmung des § 22 WEG als aufgehoben gelten kann (vgl. zu ähnlicher Problematik auch BayObLG, Entscheidung vom 16.04.1993, Az.: 2Z BR 10/93). Mit der hier getroffenen Vereinbarung wurde die öffentlich-rechtliche Genehmigungsfähigkeit einer baulichen Veränderung zum Gegenstand des Privatrechtsverhältnisses gemacht. Baurechtlich bedenkenfrei waren ohnehin die Maßnahmen der Zaunziehung und der Errichtung des Gartentürchens, ebenso die Überdachung des Kellerabganges. Hinsichtlich des Windfanges wurde Baugenehmigung erteilt, ohne dass diese auf inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen wäre. Der Mindestabstand von 3 m zur Nachbargrenze war ohnehin eingehalten. Auf ausdrückliche Unterschriftserteilungen war selbst nach öffentlichem Recht nicht abzustellen.
4. Vorliegend kann auch nicht mehr auf die Bestimmung des § 14 Nr. 1 WEG zurückgegriffen werden (was in den Entscheidungsgründen näher ausgeführt wird).
5. Auch außergerichtliche Kostenerstattung zu Lasten der unterlegenen AntragsteIler bei Geschäftswertansatz von 30.000 DM.
Link zur Entscheidung
( AG München, Beschluss vom 11.08.1995, UR II 898/94 WEG/2)
Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer