Leitsatz

  • Ausnahmsweise: Getrennte Versammlungen und Beschlussfassungen in einer sog. Mehrhausanlage (Gruppen- bzw. Block-Abstimmungen)

    Beschlussfähigkeit (nur) nach den Miteigentumsanteilen der Eigentümer des betreffenden Hauses

    Ungültige Verwalter-Entlastung

 

Normenkette

§ 21 WEG, § 25 Abs. 3 WEG, § 27 WEG, § 28 Abs. 3 WEG

 

Kommentar

1. Selbst eine jahrelange Übung der Eigentümer, in einer Mehrhausanlage in getrennten Versammlungen über die nur eines der (hier) beiden Häuser betreffenden Beschlussgegenstände abzustimmen, kann nicht als ausreichende Grundlage für die Durchführung solcher getrennten Versammlungen angesehen werden; die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums steht den Eigentümern gemeinschaftlich zu, sodass sie über Maßnahmen ordnungsgemäßer Verwaltung durch Stimmenmehrheit zu beschließen haben (bei Stimmberechtigung aller Eigentümer der betreffenden Gemeinschaft).

Eine Ausnahme hiervon ist für die Fälle zu machen, in denen nur eine abgrenzbare Gruppe von Eigentümern betroffen ist. Wird von einzelnen Maßnahmen nur ein bestimmter Teil von Eigentümern berührt, werden also die Interessen der übrigen Eigentümer in keiner Weise betroffen, so ist das Stimmrecht auf diejenigen Beteiligten beschränkt, die von der Angelegenheit betroffen sind. Eine solche Beschränkung des Stimmrechts kann insbesondere bei sog. Mehrhausanlagen in Betracht kommen.

Für die Abstimmung über eine Jahresabrechnung liegen diese Ausnahme-Voraussetzungen grundsätzlich nicht vor, weil eine Jahresabrechnung in aller Regel Kosten enthält, die das Gemeinschaftseigentum insgesamt betreffen.

2. Im vorliegenden Fall stellt sich die Rechtslage jedoch aufgrund eines bestandskräftigen Eigentümerbeschlusses, getroffener Verwaltervertragsabsprachen und wegen besonderer tatsächlicher Verhältnisse anders dar.

Beschlossen wurde hier in dieser Mehrhausanlage bestandskräftig vor einigen Jahren (1991), dass "die beiden WEG"s" getrennt abgerechnet und getrennte Eigentümerversammlungen einberufen werden sollten; entsprechende Regelung enthält auch der geschlossene Verwaltervertrag. Die beiden Häuser sind auch getrennte Gebäude, jeweils mit eigenem Geländeumgriff; die Verbrauchskosten werden für jedes Haus getrennt erfasst und abgerechnet; jedes Haus hat einen eigenen Hausmeister, eigene Versicherungen und eine eigene Instandhaltungsrücklage. Dementsprechend enthält die hier angefochtene Abrechnung 1996 auch nur Kosten, die dieses Haus betreffen und die Entlastung der Verwaltung bezieht sich nur auf Tätigkeiten für diesen Teil der Wohnanlage. Ebenso ist der Wirtschaftsplan nur für das betreffende, hier im Streit stehende Haus erstellt worden.

3. Die Beschlussfähigkeit der hier im Streit stehenden Versammlung bestimmte sich aus diesen Gründen nur nach den Wohnungseigentümern des betreffenden Hauses, die von den Beschlussgegenständen betroffen waren (h.M.); die Versammlung war beschlussfähig.

4. Kommen Ersatzansprüche gegen einen Verwalter zumindest in Betracht, entspricht eine Entlastungs-Beschlussfassung nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, sodass auf Anfechtungsantrag hin ein solcher Beschluss (wie hier) für ungültig zu erklären war. Es ist nicht ausgeschlossen, dass im vorliegenden Fall der Verwalter im Rahmen der Vergabe von Arbeiten an einem Flachdach vermeidbare Mehrkosten zu Lasten der Wohnungseigentümer verursacht hat.

5. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert II. und III. Instanz von DM 21.508,- und Neufestsetzung des Geschäftswertes I. Instanz auf DM 46.256,-.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 17.01.2000, 2Z BR 99/99)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?