Leitsatz

Kernproblem dieser Entscheidung war die Frage, ob für die Zulässigkeit einer nach Ablauf der Berufungserwiderungsfrist eingelegten Anschlussberufung in einem Unterhaltsprozess die Voraussetzungen für die Erhebung einer Abänderungsklage vorliegen müssen.

 

Sachverhalt

Die Parteien waren geschiedene Eheleute. Im Jahre 2002 war der geschiedene Ehemann zur Zahlung nachehelichen Unterhalts verurteilt worden. Einer Abänderungsklage der geschiedenen Ehefrau mit dem Ziel der Erhöhung des titulierten Unterhalts entsprach das AG nur teilweise. Gegen diese Entscheidung legte die geschiedene Ehefrau Berufung ein. Mit der nach Ablauf der Berufungserwiderungsfrist erhobenen Anschlussberufung ging es dem geschiedenen Ehemann auch darum, die vom AG mit Wirkung ab Juni 2005 vorgenommene Erhöhung des Unterhalts zeitlich der Höhe nach zu begrenzen. Im Übrigen unternahm er den letztendlich erfolglosen Versuch, den Unterhaltsanspruch ab Januar 2007 gänzlich zu Fall zu bringen.

Die Berufung der Ehefrau war weitgehend begründet, die Anschlussberufung des Ehemannes nur insoweit, als das erstinstanzliche Gericht das Urteil des OLG aus dem Jahre 2002 für den Zeitraum vom 1.6.2005 bis zum 2.10.2005 abgeändert hatte.

 

Entscheidung

Das OLG änderte das erstinstanzliche Urteil dahingehend ab, dass es der Ehefrau die Erhöhung des Unterhalts wegen Fehlens einer verzugsbegründenden Mahnung für den vorangegangenen Zeitraum erst ab Oktober 2005 zusprach.

Im Übrigen vertrat es die Auffassung, dass die Frist des § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO, wonach eine Anschlussberufung nur bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung zulässig sei, im vorliegenden Fall nicht gelte, da die Anschließung eine Verurteilung zukünftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen zum Gegenstand habe. Die Vorschrift des § 524 Abs. 2 S. 3 ZPO sei nicht einschränkend dahingehend auszulegen, dass sie nur für solche Sachverhalte gelte, die eine Abänderungsklage unter den Voraussetzungen des § 323 ZPO zuließen.

 

Hinweis

Bei dem Urteil des OLG Koblenz handelt es sich um die erste bekannt gewordene Entscheidung nach Einführung des § 524 Abs. 2 S. 3 ZPO. Es kann daher noch nicht von einer einheitlichen Linie in der Rechtsprechung ausgegangen werden. Daher empfiehlt es sich, bei der Vertretung des Berufungsbeklagten weiterhin den sichersten Weg einzuschlagen und die Anschlussberufung innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO einzulegen, soweit mit dem Rechtsmittel nur die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils angegriffen werden soll.

Treten in der Berufungsinstanz tatsächliche Veränderungen ein, ist - wenn es um laufenden Unterhalt und damit wiederkehrende Leistungen geht - die Einlegung der Anschlussberufung bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung zulässig.

 

Link zur Entscheidung

OLG Koblenz, Urteil vom 30.05.2007, 9 UF 649/06

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