Leitsatz

Ist die Nachlassverwaltung angeordnet, können Forderungen nur noch dem Nachlassverwalter gegenüber geltend gemacht werden.

Aus der Abweisung einer Klage als unzulässig folgt nicht die Unzulässigkeit der Widerklage.

 

Sachverhalt

Der verstorbene Ehemann der Beklagten und der jetzige Alleingeschäftsführer waren gemeinsame Gesellschafter der Klägerin, einer GmbH, und zu je 50 % am Stammkapital beteiligt. Die Beklagte ist Alleinerbin ihres Ehemannes. Nach § 6 des Gesellschaftsvertrages fallen dem verbleibenden Gesellschafter die Geschäftsanteile gegen Entgelt zu.

Die Klägerin klagt auf Rückzahlung von zu viel ausgeschütteten Gewinnanteilen sowie eines dem Verstorbenen gewährten Darlehens. Mit der Widerklage wird die Zahlung zusätzlicher Gewinnanteile für das Jahr 2002 sowie die Erfüllung weiterer Zahlungsansprüche begehrt. Der Wert des Unternehmens war durch Schiedsgutachen ermittelt worden, welches nach einem gerichtlichen Sachverständigengutachten offensichtlich unrichtig ist.

 

Entscheidung

Die Berufung ist hinsichtlich der Klage zulässig, aber unbegründet.

Da die Klage der Beklagten nach Anordnung der Nachlassverwaltung zugestellt wurde, war die Klage gem. § 1984 Abs. 1 Satz 3 BGB von Beginn an unzulässig, da Ansprüche nur noch gegenüber dem Nachlassverwalter geltend gemacht werden konnten. Auch aus § 241 Abs. 3 ZPO ergibt sich nichts anderes dadurch, dass der Nachlassverwalter die Beklagte zur Erhebung der Widerklage ermächtigt hat, da sich seine Ermächtigung hierauf beschränkte und zudem eine gewillkürte Prozessstandschaft auf Passivseite nicht zulässig ist.

Die Berufung gegen die Widerklage ist überwiegend begründet. Zunächst war die Beklagte von Beginn der Einführung des Widerklagebegehrens an durch den Nachlassverwalter zur Geltentmachung der Forderung ermächtigt worden.

Auch die Abweisung der Klage als unzulässig führt nicht zur Unzulässigkeit der Widerklage. Wegen der Nachlassverwaltung kann die Beklagte Zahlung an sich nicht verlangen, sondern nur an den Nachlassverwalter. Ihr Antrag ist daher gem. ihrem Hilfsantrag umzustellen.

Der vom LG zuerkannte Anspruch auf Tantiemen wird von der Klägerin in der Höhe nicht bestritten. Soweit sie vorliegend Erfüllung behauptet, kann dem angesichts vorliegender detaillierter Tilgungsbestimmungen nicht gefolgt werden.

Wie das Gerichtsgutachten beweist, ist das Schiedsgutachten hinsichtlich des Wertes des Geschäftsanteils mit einem groben Fehler behaftet. Auch wenn an das Vorliegen der analog § 319 BGB festzustellenden offenbaren Unrichtigkeit oder einer (gleichgestellten) Lückenhaftigkeit strenge Anforderungen zu stellen sind, damit der Prozessvermeidungszweck nicht in Frage gestellt wird, ist das Ergebnis des Schiedsgutachtens insgesamt hinfällig und damit nicht mehr bindend.

Vorliegend hat der Schiedsgutachter den Verkauf des Mandantenstammes und dem 2-jährigen Wettbewerbsverbot nur unzureichend berücksichtigt. Die sich nach dem Gerichtsgutachen ergebenden Beträge hat die Klägerin zu Händen des Nachlassverwalters zu zahlen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Celle, Urteil vom 20.05.2009, 9 U 159/08

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