Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlassverwaltung. Zulässigkeit. Schiedsgutachten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach Anordnung einer Nachlassverwaltung kann eine Nachlassforderung nur gegen den Verwalter, nicht aber gegen den Erben prozessual geltend gemacht werden; die Nachlassabsonderung soll den Erben nicht nur vor einer Haftung mit dem Eigenvermögen, sondern auch vorder persönlichen Einbeziehung in einen Nachlassrechtsstreit schützen.

2. Aus der Abweisung einer Klage als unzulässig folgt nicht die Unzulässigkeit der Widerklage.

 

Normenkette

BGB § 1984 Abs. 1 S. 3; ZPO § 241 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 11.09.2008; Aktenzeichen 14 O 354/04)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Hannover vom 11.9.2008 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, zu Händen des Nachlassverwalters Rechtsanwalt ... 84.684,36 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 11.145,78 EUR ab dem 25.1.2005, auf weitere 23.000 EUR seit dem 1.9.2003, auf weitere 35.500 EUR seit dem 1.9.2004 und auf weitere 2.538,58 EUR seit dem 2.11.2006 zu zahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

2. Von den Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin 57 % und die Beklagte 43 %. Von den Kosten der Berufungsinstanz tragen die Klägerin 41 % und die Beklagte 59 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern die Beklagte nicht ihrerseits zuvor Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages geleistet hat.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Gewinnanteilen, die die klagende GmbH ausgeschüttet hat, sowie über die Rückzahlung eines dem verstorbenen Ehemann der Beklagten gewährten Darlehens. Mit der Widerklage wird die Zahlung zusätzlicher Gewinnanteile für das Jahr 2002 sowie die Erfüllung weiterer Zahlungsansprüche begehrt.

Der jetzige alleinige Geschäftsführer der Klägerin ... und der am 31.8.2002 verstorbene ... waren seit dem 29.6.1983 gemeinsam Gesellschafter der Klägerin, zuletzt auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages der ...-Treuhand Steuerberatungs GmbH vom 5.2.2002 in der Fassung vom 19.2.2002 nebst Berichtigungsvermerk vom 18.3.2002. Beide waren zu je 50 % an dem Stammkapital von 51.200 EUR beteiligt; beide waren auch allein vertretungsberechtigte Geschäftsführer der Gesellschaft.

Die Beklagte ist Alleinerbin ihres Ehemannes ... Gemäß § 6 des Gesellschaftsvertrages hat der verbleibende Gesellschafter die Geschäftsanteile des verstorbenen Gesellschafters durch notarielle Verhandlung vom 25.10.2002 zugunsten des verbleibenden Gesellschafters gegen Entgelt eingezogen.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagte habe das geschuldete Einziehungsentgelt und Gewinnanteile für 2002 erhalten. Der vormalige Gesellschafter ... habe für den Zeitraum 1.1.2002 bis 31.8.2002 einen anteiligen Gewinnanspruch gehabt, der 11.146 EUR (rechnerisch wohl eher richtig: 11.145,66 EUR) betrage. Gezahlt seien jedoch 52.584 EUR. Die Differenz i.H.v. 41.438 EUR ist Gegenstand der Rückforderung der Klägerin.

Des Weiteren hat die Klägerin behauptet, den damaligen Gesellschaftern jeweils ein Darlehen gewährt zu haben, und zwar dem vormaligen Gesellschafter ... am 29.6.2000 i.H.v. 25.000 DM bei einem Zinssatz von 5 %. Auf dieses Darlehen habe der Gesellschafter ... bis zu seinem Todeszeitpunkt Teilbeträge gezahlt. Offen sei ein Restbetrag von 15.000 DM = 7.669,38 EUR.

Die Beklagte hat sich gegen die Klageforderung gewandt und widerklagend den von der Klägerin selbst errechneten Gewinnanteil für das Jahr 2002 i.H.v. mindestens 25.848,66 EUR geltend gemacht. Die Klägerin habe überdies Erträge aus Lebensversicherungen i.H.v. 41.489,08 EUR an die Beklagte auszuzahlen. Schließlich stehe ihr der hälftige Anteil am Unternehmenswert zu, der auf den verstorbenen Gesellschafter ... entfalle. Den Unternehmenswert habe der Schiedsgutachter mit Gutachten vom 28.7.2006 per 31.8.2002 auf 300.740,93 EUR festgestellt. Die Beklagte rechne auf den am 1.9.2003 fälligen Betrag den am 20.3.2003 gezahlten Betrag von 12.500 EUR an. Schließlich schulde die Klägerin den hälftigen Betrag des verauslagten Schiedsgutachterhonorars.

Nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens hat das LG die Klage als unbegründet und die Widerklage als teilweise begründet angesehen. Wegen des weitergehenden erstinstanzlichen Vortrags der Parteien und der Entscheidungsgründe des LG wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Die Berufung der Klägerin richtet sich gegen die Abweisung der Klage und gegen die Verurteilung auf die Widerklage hin. Die Klägerin rügt fehlende Parteifähigkeit der Beklagten für die im Streit befindlichen Ansprüche der Klage und Widerklage. Für den Nachlass ihres Ehemannes sei ein Nachlassverwalter bestellt worden, wovon - unstreitig - das erstinstanzliche Gericht...

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