Leitsatz
Seit Juli 2007 getrennt lebende Eltern stritten um das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihren im April 2002 geborenen Sohn. Nach der Trennung wurde zunächst ein Wechselmodell praktiziert, das beide Eltern für das Wohl ihres Sohnes für nicht förderlich hielten. Beide Eltern habe die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge insoweit beantragt, als sie jeweils das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihren Sohn allein für sich beantragt haben.
Das AG hat ein Sachverständigengutachten eingeholt. Der Begutachtungszeitraum erstreckte sich nach Angaben des Gutachters von September 2008 bis März 2009. Das AG hat das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den Sohn auf den Kindesvater allein übertragen und es im Übrigen bei der gemeinsamen elterlichen Sorge belassen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die gravierenden Kommunikationsprobleme zwischen den Eltern die Aufhebung der gemeinsamen Elternverantwortung im Hinblick auf das Aufenthaltsbestimmungsrecht zum Wohl des gemeinsamen Sohnes zwingend erforderlich machten.
Gegen diesen Beschluss richtete sich die befristete Beschwerde der Kindesmutter.
Das Rechtsmittel führte dazu, dass das OLG den erstinstanzlichen Beschluss aufhob, beiden Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihren Sohn entzog und insoweit das Jugendamt zum Pfleger bestellte. Im Übrigen habe es bei der gemeinsamen elterlichen Sorge zu verbleiben.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG verwies in seiner Entscheidung darauf, dass Maßstab für die zu treffende Entscheidung das Wohl des Kindes, also der umfassende Schutz des in der Entwicklung befindlichen jungen Menschen sei. Eine Gefährdung des Kindeswohls liege stets vor, wenn das Kind bereits einen Schaden erlitten habe. Sie sei aber auch dann anzunehmen, wenn die begründete gegenwärtige Besorgnis bestehe, dass bei Nichteingreifen des Gerichts das Kindeswohl beeinträchtigt werde, d.h., der Eintritt eines Schadens mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten sei (Palandt/Diederichsen, BGB, 68. Aufl., § 1666 Rz. 8).
Lägen diese Voraussetzungen vor, habe das Gericht die zur Gefahrenabwehr erforderlichen und geeigneten Maßnahmen unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu treffen.
Der teilweise Entzug des Sorgerechts, hier des Aufenthaltsbestimmungsrechts, und die Anordnung einer Pflegschaft seien geeignet, dem Missbrauch der elterlichen Sorge durch die Kindeseltern entgegenzuwirken. Die getroffene Maßnahme beachte den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, denn mildere Mittel zur Abwendung der Fortsetzung des kindeswohlgefährdenden Verhaltens der Kindeseltern seien nicht mit der gleichen Wirksamkeit ersichtlich. Der teilweise Sorgerechtsentzug und die Anordnung der Pflegschaft ständen zu dem mit diesen Maßnahmen verfolgten Kindesinteresse nicht außer Verhältnis, sie seien in Wahrnehmung des staatlichen Wächteramtes vielmehr geboten (s. hierzu auch BGH, FamRZ 2008, 45). Unter Berücksichtigung aller einzubeziehenden Maßstäbe führe eine Gesamtabwägung der maßgeblichen Umstände dazu, dass den Kindeseltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu entziehen war.
Eine Gefährdung des Kindeswohls liege darin, dass die Kindeseltern aufgrund ihres immer noch auf der Trennungsebene ausgetragenen Streits die Bedürfnisse ihres Kindes nicht zu erkennen in der Lage seien. Bereits der Sachverständige habe in seinem Gutachten aufgrund seiner über einen längeren Zeitraum gewonnenen Erkenntnis im Einzelnen ausgeführt, dass die Kindeseltern nur unter Mediation in der Lage seien, einvernehmlich zu handeln und dies letztlich deshalb nicht zum Erfolg führe, weil beide eine weitere Mediation ablehnten. Die Eltern seien derart zerstritten, dass sie nur wenig zwischen Paar- und Elternebene trennen könnten. Ihnen gelängen viele Handlungen zum Wohl ihres Sohnes nicht, weil sie noch negative Bindungen aneinander hätten.
Die Eltern seien auch gegenwärtig nicht in der Lage, sich über den Aufenthalt des Kindes zu einigen, insbesondere könnten sie nicht erkennen, dass der von dem Kind ggü. der Verfahrenspflegerin geäußerte Wille ernst zu nehmen sei, denn er entspreche einer langen Willensbildung des Kindes. Dass der Sohn sich umfangreiche Gedanken über seinen Aufenthalt gemacht habe, sei schon daraus ersichtlich, dass er selbst einen Aufenthaltswechsel immer für den Montag vorgeschlagen habe, weil er bereits groß genug sei, allein zum Schulbus zu gehen. Dies habe er ausdrücklich deshalb vorgeschlagen, damit die Eltern nicht zu häufig aufeinander träfen und so keine Gelegenheit hätten, sich über die ihn betreffenden Dinge zu streiten.
Dass der Sohn sich nicht für bzw. gegen einen Elternteil entscheiden wolle, entspreche auch den Äußerungen des Kindes in seiner persönlichen Anhörung durch den Senat. Die Eltern seien in der gegenwärtigen Situation offenbar nicht in der Lage zu erkennen, wie wichtig es für ihren Sohn sei, dass seine Eltern sich auf Dauer über seinen Aufenthalt einigten und es hierbei aus seiner Sicht gerecht zugehe.
Die Kindeseltern seien gehalten, sich über ein e...