Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 14 Nr. 4 WEG, § 16 Nr. 4 WEG, § 23 Abs. 1 WEG, § 232 Abs. 4 WEG, § 121 Abs. 3 WEG, § 133 BGB, § 249 BGB, § 250 BGB, § 251 BGB
Kommentar
1. Zum Sachverhalt:
Ein Eigentümer besaß mehrere EG-Wohnungen (mit vorgelagerten Terrassen- und Gartensondernutzungsrechten), die als Zahnarztpraxis, zahntechnisches Labor und für wissenschaftliche und publizistische Arbeiten genutzt wurden.
1989 beschlossen die Eigentümer, an der unter den Gärten liegenden Betondecke der Tiefgarage die Fugen sanieren zu lassen. Bei diesen Arbeiten wurden auch in den Gärten des Antragstellers Pflanzen einschl. Bäumen beseitigt und ausgehobener Kies gelagert (bei noch streitiger Arbeitsdauer). 1990 wurde der Beschluss gefasst, "auf Antrag den Eigentümern der großen EG-Wohnungen 1.000 DM und den Eigentümern der kleinen EG-Wohnungen 500 DM als Entschädigung für anlässlich der Sanierungsarbeiten zerstörten Pflanzen auszuzahlen". Dieser einstimmige Beschluss wurde nicht angefochten.
Der Antragsteller verlangte nunmehr in einem Verfahren gegen die Gemeinschaft Ersatz für zerstörte Bepflanzung, für Instandsetzung einer automatischen Bewässerungsanlage (die während der Bauarbeiten herausgerissen worden sei), für eine aufgestellte Sichtschutzblende vor den Behandlungsräumen, um Patienten den Anblick der verwüsteten Gärten zu ersparen, und schließlich als Ausgleich für die Nichtbenutzbarkeit der Gartenterrassen über rund 1 1/2 Jahre unter Abzug eines anteiligen Eigenbelastungsbetrages insgesamt 26.728,90 DM.
Entsprechend bestandskräftiger Beschlussfassung von 1990 verurteilte das Amtsgericht die Antragsgegner zur Zahlung von 1.250 DM nebst 4% Zinsen (jeweils 1.000 DM für zwei große und 500 DM für eine kleine Wohnung). Das Landgericht wies die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers zurück. Die Rechtsbeschwerde wurde vom BayObLG nur zu einem geringen Teil als begründet angesehen, d.h. hinsichtlich eines Schadenersatzes für die offensichtlich bzw. behauptetermaßen zerstörte Bewässerungsanlage wurde die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
2. Aus den Entscheidungsgründen:
Ein Eigentümerbeschluss, der die Entschädigung mehrerer, durch Bauarbeiten am gemeinschaftlichen Eigentum betroffener Wohnungseigentümer pauschal regelt, sei nicht nichtig, auch nicht wegen behaupteter absoluter Unzuständigkeit der Eigentümerversammlung. Ein Eigentümer könne einen solchen Beschluss allenfalls mit der Begründung anfechten, dass ihm ein höherer Schaden entstanden sei. Dass es sich bei der 1990 von der Gemeinschaft beschlossenen Sache um eine Verwaltungsangelegenheit handelte, über die auch Beschluss gem. § 21 Abs. 3 WEG gefasst werden konnte, ergebe sich schon aus § 16 Abs. 4 WEG, da es hier um Ansprüche aus § 14 Nr. 4 letzter Halbsatz WEG gehe. Die Regelungsbefugnis der Eigentümerversammlung über solche Ansprüche sei nicht von vornherein ausgeschlossen (vgl. schon BayObLG, NJW-RR 91, 402/403). Sei der Eigentümer mit allgemein durch Beschluss zugesprochenen Abfindungen nicht zufrieden, könne er sich allein durch Beschlussanfechtung weitergehende Ansprüche erhalten; er habe dann im Anfechtungsverfahren nur schlüssig darzulegen, dass ihm ein höherer Schaden entstanden sei.
Im vorliegenden Fall sei der Beschluss von 1990so auszulegen, dass hinsichtlich der Bepflanzung eine abschließende Abfindungsregelung getroffen worden sei, also weitergehende Ansprüche nicht mehr geltend gemacht werden könnten. Dies ergebe sich aus der vorgenommenen tatrichterlichen Auslegung von Eigentümerbeschlüssen, die einen abgeschlossenen Einzelfall regelten, also keine auch für die Zukunft bedeutsamen Dauerregelungen träfen.
Das Rechtsbeschwerdegericht könne hier getroffene richterliche Feststellungen nur beschränkt, nämlich auf Rechtsfehler hin überprüfen; ein solcher Rechtsfehler läge nur dann vor, wenn der Tatrichter gegen den klaren Sinn eines Beschlusses verstoßen oder nicht alle für die Auslegung in Betracht kommenden Gesichtspunkte gewürdigt habe; dabei sei auch zu beachten, dass die Auslegung eines Eigentümerbeschlusses nach objektiven, am Wortsinn des Beschlusses orientierten Maßstäben vorgenommen werden müsse; es könnten auch Begleitumstände herangezogen werden, die in der Versammlungsniederschrift zum Ausdruck gekommen seien. Ein Eigentümerbeschluss, der einem Wohnungseigentümer Pflichten auferlege oder in seine Rechte eingreife, müsse dies klar erkennen lassen; nur dann sei es gerechtfertigt, auch nach Ablauf der Anfechtungsfrist Eigentümer am Beschluss festzuhalten (BayObLG, WE 91, 50; 1992, 229). im vorliegenden Fall sei zu Recht von einer abschließenden Eigentümerbeschlussregelung auszugehen (Pauschalierung der Abfindung ohne Nachweis eines entsprechenden Schadens); dem entspreche es, dass nach Bestandskraft des Beschlusses weitergehende Ansprüche ausgeschlossen sein sollten, da sonst der Eigentümerbeschluss keinen Sinn gehabt hätte.
Allerdings sei im Beschluss nur von zerstörten Pflanzen die Rede, nicht die automati...