Leitsatz

Die Parteien waren getrennt lebende Eheleute. Im August 2006 nahm die Ehefrau diverse Hausratsgegenstände aus der vormals ehelichen Wohnung an sich, um sie zukünftig in ihrer Wohnung zu verwenden. Der Ehemann begehrte vor dem FamG Rechtsschutz nach § 861 BGB. Daraufhin hat das FamG der Ehefrau aufgegeben, dem Ehemann wieder Mitbesitz an den Hausratsgegenständen einzuräumen.

Hiergegen richtete sich die Beschwerde der Ehefrau, mit der sie geltend machte, ihr Ehemann sei mit der Wegnahme der Hausratsgegenstände einverstanden gewesen. Hierüber hätte aus ihrer Sicht Beweis erhoben werden müssen.

Das Rechtsmittel der Ehefrau blieb ohne Erfolg.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG hielt die Entscheidung des FamG für richtig. Werde der Anspruch auf Wiedereinräumung des Mitbesitzes auf § 861 BGB gestützt, müsse kein Hausratsverteilungsverfahren im umfassenden Sinne anhängig gemacht werden.

Das FamG sei auch zu Recht von seiner Zuständigkeit ausgegangen. Der Anspruch aus § 861 BGB hänge eng mit der Hausratsteilung zusammen. Gründe der Praktikabilität und Prozesswirtschaftlichkeit sprächen dafür, über diesen Anspruch durch das FamG im Hausratsverfahren zu entscheiden (BGH FamRZ 1982, 1200; OLG Frankfurt FamRZ 2003, 47; Wacke in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1361a Rz. 16 m.w.N.).

Die Frage, ob bei eigenmächtiger Entfernung von Hausratsgegenständen durch einen Ehegatten der andere unter Bezugnahme auf § 861 BGB die Rückschaffung verlangen könne oder die Vorschriften über den Hausrat nach § 1361a BGB, §§ 8 ff. HausrVO vorgingen, sei umstritten. Das OLG hielt an der bereits in der Vergangenheit von ihm vertretenen Auffassung fest, wonach § 1361a BGB nicht lex specialis gegenüber § 861 BGB sei. Dieser werde lediglich durch § 1361a BGB dann modifiziert, wenn der andere Ehegatte geltend machen könne, gerade den eigenmächtig entfernten Gegenstand zur Deckung seines Notbedarfs selbst zu benötigen (so auch: OLG Frankfurt FamRZ 2003, 47; OLG Köln FamRZ 2001, 174; OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 760 für die ehel. Wohnung; ähnlich: Brudermüller a.a.O. Rz. 63f).

Zur Feststellung dessen bedürfe es jedoch keines umfassenden Hausratsverfahrens.

Die von den Befürwortern des Vorrangs des § 1361b BGB vertretene Argumentation überzeuge nicht. § 861 BGB und § 1361a BGB verfolgten unterschiedliche Zwecke. § 861 BGB wolle einen schnellen Besitzschutz gewährleisten, während § 1361a BGB einer ausgewogenen Verteilung des Hausrats nach Billigkeit Geltung verschaffen wolle. Beide Ziele hätten auch in der Trennungsphase ihre Berechtigung. Da das Hausratsverfahren kompliziert ausgestaltet sei, habe der Ehegatte, dessen Mitbesitz von dem anderen durch verbotene Eigenmacht entzogen wurde, ein berechtigtes Interesse auf schnellen Besitzschutz, ohne seinerseits die Initiative für die Einleitung eines Hausratsverfahrens ergreifen zu müssen. Verlange man ein solches, würde hierdurch einer eigenmächtigen Hausratsverteilung Vorschub geleistet.

Zu berücksichtigen sei ferner, dass der geschädigte Ehegatte im Ansatz kein Interesse an der Durchführung eines Hausratsteilungsverfahrens habe. Er wolle nur, dass der weggenommene Gegenstand wieder in die Ehewohnung zurückgelange. Häufig habe auch der andere Ehegatte kein Interesse an einem Hausratsverfahren. Dies gelte insbesondere dann, wenn nur um ein oder zwei Sachen gestritten werde. Dem geschädigten Ehegatten werde aber, folge man der gegenläufigen Ansicht, auferlegt, ein Hausratsverfahren einzuleiten und in diesem Zusammenhang alle erforderlichen Tatsachen darzulegen, die dem Richter eine Billigkeitsentscheidung ermöglichten. Damit würden die Parteirollen auf den Kopf gestellt, denn es sei Sache des Ehegatten, der Hausratsgegenstände für sich allein beanspruche, darzulegen, dass er gerade diese zur Führung eines Haushalts während des Getrenntlebens benötige und die Überlassung nach den Umständen des Falles der Billigkeit entspreche. Es erscheine jedoch unangemessen, den von einer verbotenen eigenen Macht Betroffenen als aktive Partei in ein Hausratsteilungsverfahren zu zwingen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Koblenz, Beschluss vom 26.04.2007, 9 UF 82/07

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge