Leitsatz
1. Art. 17 Abs. 2 Buchst. a und Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL verstoßen nicht dadurch gegen den allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung, dass sie mittels des Rechts auf vollen und sofortigen Abzug der Vorsteuer für die Herstellung eines gemischt genutzten Gebäudes und durch die gestaffelte Nacherhebung der Mehrwertsteuer auf die private Verwendung dieses Gebäudes den Steuerpflichtigen gegenüber Nichtsteuerpflichtigen und gegenüber Steuerpflichtigen, die ihr Gebäude nur zu privaten Wohnzwecken verwenden, einen finanziellen Vorteil einräumen können.
2. Art. 87 Abs. 1 EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Maßnahme zur Umsetzung von Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL, nach der das Vorsteuerabzugsrecht nur den Steuerpflichtigen zusteht, die besteuerte Umsätze tätigen, nicht aber jenen, die nur steuerbefreite Umsätze tätigen, nicht insofern entgegensteht, als diese nationale Maßnahme nur den erstgenannten Steuerpflichtigen einen finanziellen Vorteil verschaffen kann.
3. Art. 17 Abs. 6 der 6. EG-RL ist dahin auszulegen, dass die dort vorgesehene Ausnahme nicht für eine nationale Bestimmung gilt, die eine zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie bestehende Rechtsvorschrift ändert, auf einem anderen Grundgedanken als das frühere Recht beruht und neue Verfahren schafft. Insoweit ist es unerheblich, ob der nationale Gesetzgeber die Änderung des früheren nationalen Rechts aufgrund einer zutreffenden oder unzutreffenden Auslegung des Gemeinschaftsrechts vornahm. Die Beantwortung der Frage, ob sich eine solche Änderung einer nationalen Bestimmung auch auf die Anwendbarkeit von Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der 6. EG-RL auf eine andere nationale Bestimmung auswirkt, hängt davon ab, ob diese nationalen Bestimmungen in einer Wechselbeziehung stehen oder autonom sind. Dies zu ermitteln ist Sache des nationalen Gerichts.
Normenkette
Art. 6 Abs. 2, Art. 17 Abs. 2 und 6 der 6. EG-RL, § 3 Abs. 9a Nr. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG
Sachverhalt
Frau Puffer hatte ein Einfamilienwohnhaus mit Schwimmbad errichtet und das Gebäude nur zu 11 % für steuerpflichtige Umsätze verwendet, es ganz dem Unternehmen zugeordnet und zur Gänze den Vorsteuerabzug geltend gemacht.
Entscheidung
Die wesentlichen Grundsätze ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen.
Hinweis
Die Seeling-Rechtsprechung des EuGH, wonach der Unternehmer einen Gegenstand, der teilweise privat genutzt wird, in vollem Umfang dem Unternehmen zuordnen kann, damit den vollen Vorsteuerabzug erhält und dafür aber die Verwendung für nicht unternehmerische Zwecke versteuern muss, hat vor allem unter dem Aspekt der Ungleichbehandlung – Zinsvorteil des Unternehmers gegenüber dem schlichten Endverbraucher und gegenüber dem Unternehmer, der steuerfreie Umsätze ausführt und bei dem die Zuordnung des gemischt genutzten Gegenstands zum Unternehmen ohne Vorteile beim Vorsteuerabzug bleibt – keine ungeteilte Zustimmung gefunden. Das, und eine Änderung der in Österreich geltenden Regelungen über den Vorsteuerausschluss für bestimmte – typischerweise privat genutzte – Investitionsgüter, hat das österreichische Gericht zur Vorlage veranlasst.
Der EuGH hat seine Seeling-Rechtsprechung bestätigt.
1. Bei gemischt genutzten Gegenständen hat der Unternehmer die Wahl, diesen Gegenstand in vollem Umfang dem Unternehmensvermögen zuzuordnen, ihn in vollem Umfang in seinem Privatvermögen zu belassen oder ihn nur im Umfang der tatsächlichen unternehmerischen Verwendung in sein Unternehmen einzubeziehen.
2. Entscheidet sich der Unternehmer für die Zuordnung des ganzen Investitionsguts zum Unternehmen, ist die beim Erwerb dieser Gegenstände geschuldete Vorsteuer grundsätzlich vollständig und sofort abziehbar. Allerdings ist die Verwendung des dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen, für den Bedarf seines Personals oder für unternehmensfremde Zwecke einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellt, wenn dieser Gegenstand zum vollen oder teilweisen Abzug der entrichteten Mehrwertsteuer berechtigt hat (Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL). Diese Verwendung, die einen "besteuerten Umsatz" i.S.v. Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL darstellt, wird nach deren Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. c auf der Grundlage des Betrags der Ausgaben für die Erbringung der Dienstleistung besteuert.
3. Entscheidet er sich für die ganze oder teilweise Zuordnung zum Privatvermögen, ist insoweit keine Vorsteuer abziehbar. Auch eine spätere Verwendung für besteuerte Umsätze kann dann aber nicht mehr berücksichtigt werden, weil für das Recht auf Vorsteuerabzug der Zeitpunkt des Leistungsbezugs maßgeblich ist. Spätere Änderungen können nur innerhalb dieses Rahmens im Rahmen der Berichtigung berücksichtigt werden.
Letzteres ist der Grund, weshalb nach Auffassung des EuGH das Neutralitätsgebot nicht verwirklicht würde. Das allerdings ist die Folge der Entscheidung, wonach der Umfang des berücksichtigungsfähigen Vorsteuerabzugs für die Dauer de...