Sachverhalt

Bei dem Vorabentscheidungsersuchen ging es um eine ähnliche Frage wie in der Rechtssache C-269/00 - EuGH-Urteil v. 8.5.2003, C-269/00 (Wolfgang Seeling). Fraglich war, ob der Vorsteuerabzug auf die Anschaffungskosten für eine teils zu steuerpflichtigen Kurzzeitvermietungen und teils privat genutzte Ferienwohnung entsprechend des privat genutzten Teils ausgeschlossen werden kann.

Ein vorinstanzliches niederländisches Gericht hatte entschieden, dass der Vorsteuerausschluss hinsichtlich der anteiligen Privatnutzung der Wohnung nach niederländischem Recht einen Vorsteuerausschluss i. S. v. Artikel 17 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie darstelle, der weiterhin angewendet werden könne. Die niederländischen Vorschriften sehen bei einer gemischten Nutzung von Unternehmensgegenständen oder Dienstleistungen einen Vorsteuerausschluss hinsichtlich des privaten Anteils vor. Dieser Ausschluss bestimmt sich nach dem Anteil der Privatnutzung im ersten Verwendungsjahr des Gegenstandes bzw. der Dienstleistung. Zu diesem Zeitpunkt wird geprüft, inwieweit der Gegenstand - in der Zukunft - außerhalb des Unternehmens verwendet werden wird, und der Vorsteuerabzug wird entsprechend der ermittelten Privatnutzung insoweit sofort ausgeschlossen. Bei einer Änderung der Verhältnisse in späteren Jahren wird keine Korrektur des Vorsteuerabzugs mehr vorgenommen. Dementsprechend wird aber auch von einer Besteuerung der privaten Verwendung abgesehen. Dies führt dazu, dass, wenn der Gegenstand im ersten Verwendungsjahr in vollem Umfang zu unternehmerischen Zwecken verwendet wird, der Vorsteuerabzug in vollem Umfang gewährt wird. Bei einer späteren teilweise privaten Verwendung des Gegenstandes wird der Vorsteuerabzug nicht mehr korrigiert. Dies gilt auch umgekehrt für den Fall, dass sich der Anteil der Privatnutzung im Vergleich zum ersten Verwendungsjahr in späteren Jahren verringert.

Fraglich war, ob diese Behandlungsweise im Ergebnis wie ein Vorsteuerausschluss gem. Artikel 17 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie betrachtet werden kann, mit der Folge, dass ein solches System auch künftig - bis zu einer Harmonisierung von Artikel 17 - fortgeführt werden kann. Andererseits stellte sich die Frage, ob die niederländische Regelung, die es im Ergebnis einem Unternehmer verwehrt, auch den privat genutzten Anteil eines unternehmerischen Gegenstandes dem Unternehmensvermögen zuzuordnen, gegen Artikel 17 Abs. 1 und 2 der 6. EG-Richtlinieverstößt. Fraglich war im Übrigen auch, ob in der Behandlungsweise ein Verstoß gegen Artikel 6 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie vorliegt, weil die dort vorgeschriebene Besteuerung der Privatverwendung eines unternehmerischen Gegenstandes nicht vollzogen wird.

 

Entscheidung

Der EuGH hat die niederländische Rechtspraxis sowohl als Verstoß gegen Artikel 6 Abs. 2 als auch gegen Artikel 17 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie für unzulässig erklärt. Er lässt erkennen, dass die Vorlagefragen im Prinzip bereits durch die Urteile in den Rechtssachen C-269/00 und C-415/98 - EuGH-Urteil vom 8.3.2001, C-415/98 (Laszlo Bakcsi) entschieden waren. Nach dem Urteil in der Sache C-415/98 hat der Unternehmer die Wahl, den privat genutzten Teil eines Gegenstandes seinem Unternehmen zuzuordnen oder nicht. Entscheidet sich der Unternehmer für die Zuordnung, ist die beim Erwerb des Gegenstandes anfallende Vorsteuer grundsätzlich vollständig und sofort abziehbar. Nach dem Urteil in der Rechtssache C-269/00 kann die teilweise Nutzung eines dem Unternehmensvermögen zugeordneten Gebäudes für private Wohnzwecke nicht als steuerfreier Eigenverbrauch i.S. einer steuerfreien Vermietung des Grundstücks an den Unternehmer nach Artikel 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie angesehen werden. Die Privatnutzung für Wohnzwecke stellt einen steuerpflichtigen Eigenverbrauch i.S.v. Artikel 6 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie dar.

Das Wahlrecht der Zuordnung auch des privat genutzten Teils zum Unternehmensvermögen wurde, so lässt der EuGH erkennen, durch die niederländische Rechtspraxis des Vorsteuerausschlusses faktisch zunichte gemacht. Der Vorsteuerabzug war hinsichtlich des privat genutzten Teils der Ferienwohnung von vorneherein ausgeschlossen und es kam somit nicht zu einer Besteuerung der Privatnutzung in Anwendung von Artikel 6 Abs. 2 der 6. Richtlinie. Zwar können die Mitgliedstaaten in Anwendung von Artikel 6 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie insbesondere zu dem Zweck, die Verwaltungsverfahren zu vereinfachen, davon absehen, bestimmte Leistungen oder Verwendungen Dienstleistungen gegen Entgelt gleichzustellen. Die Regelung kann jedoch - so das Ergebnis des EuGH-Urteils - nicht so global angewendet werden, dass sie faktisch den Unternehmer von dem ihm zustehenden Vorsteuerabzug völlig ausschließt.

Nach den weiteren Entscheidungsgründen ist die niederländische Regelung auch nicht als Vorsteuerausschluss iSv. Artikel 17 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie zulässig. In Ergänzung seiner früheren Rechtsprechung zu dieser Vorschrift führt der EuGH aus, dass ein Vors...

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