Leitsatz

  1. Stimmrechtsvollmacht an den Verwalter und Vereinbarung über Unterbevollmächtigung in der Gemeinschaftsordnung
  2. Kostenentscheidung zu Lasten des Verwalters
 

Normenkette

(§ 167 BGB)

 

Kommentar

  1. In einer Gemeinschaftsordnung war zum einen das Stimmrecht nach dem Wertprinzip (der Größe der Miteigentumsanteile) vereinbart und zum anderen zur Stimmrechtsvertretung; u. a. war Folgendes geregelt: ...

    (2) In der Eigentümerversammlung kann sich jeder Wohnungs- oder Teileigentümer mit schriftlicher Vollmacht durch seinen Ehegatten, Verwandten 1. Grades, einen Rechtsanwalt, den Verwalter, einen vom Verwalter bestimmten Unterbevollmächtigten oder einen anderen Miteigentümer vertreten lassen. Sonstigen Dritten kann jedoch vom Verwalter die Anwesenheit bei der Eigentümerversammlung gestattet werden. Vertretung durch sonstige Dritte ist ausgeschlossen.

    (3) Die Vertretung der Wohnungs- und Teileigentümer, die nicht anwesend oder anderweitig vertreten sind, wird vom Verwalter ausgeübt. Soweit der Verwalter aufgrund der im vorstehenden Satz erteilten Vollmacht abstimmt, muss er im Sinne der Mehrheit der Anwesenden bzw. sonst Vertretenen abstimmen oder sich der Stimme enthalten.

    (4) Stimmenthaltungen gelten nicht als Ablehnung.“

    In einer Eigentümerversammlung ging es um eine Verwalterwieder- bzw. Neubestellung; als Kandidaten standen der bisherige Verwalter und 3 weitere Unternehmen zur Wahl. Der bisherige Verwalter übergab die Versammlungsleitung an ein Verwaltungsbeiratsmitglied und erteilte diesem Stimmrechtsuntervollmacht für die "gesonderten Vollmachten und die Vertretungsstimmen nach § 12 Abs. 3 der Gemeinschaftsordnung". Die seit Jahren nach der Zahl der Wohnungseigentümer (dem Stimmrechts-Kopfprinzip) ausgezählten Stimmen ergaben laut Protokoll für den amtierenden Verwalter 182 Stimmen und für die weiteren 3 Kandidaten 108 bzw. 12 bzw. 1 Stimme. Damit verkündete der Versammlungsleiter die Wiederwahl des bisherigen Verwalters für weitere 2 Jahre. Dabei war hinsichtlich der Stimmenauszählung unstreitig, dass 95 Eigentümer nicht anwesend bzw. auch nicht anderweit durch schriftliche Vollmacht vertreten waren; diese 95 Stimmen gab der unterbevollmächtigte Verwaltungsbeirat für den amtierenden Verwalter ab.

    Die Beschlussanfechtung zweier Eigentümer hatte in allen 3 Instanzen Erfolg und führte zur Ungültigerklärung dieses Verwalterbestellungsbeschlusses.

  2. a) Der angefochtene Beschluss ist bereits deshalb für ungültig zu erklären, weil hier nach dem gesetzlichen Kopfprinzip abgestimmt wurde und nicht gemäß Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung nach Miteigentumsanteilen; ein Mehrheitsergebnis lässt sich hier nicht mehr feststellen, weil nicht festgehalten wurde, welcher Eigentümer für welchen Kandidaten gestimmt hat; schon aus diesem Grund wäre der Eigentümerbeschluss ungültig, jedoch auch aus nachfolgenden Gründen:

    b) Zur Befugnis des Verwalters, Untervollmachten zu erteilen, hat sich der Senat bereits mehrfach geäußert (vgl. z. B. BayObLG, NJW-RR 1990, 784; WE 1999, 29). Eine Untervollmachtserteilung ergibt sich hier nicht von selbst, sondern muss in jedem Fall durch Auslegung der Hauptvollmacht ermittelt werden (h. M.); danach spricht keine Vermutung für die Zulässigkeit einer Untervollmacht; diese muss vielmehr im Einzelfall durch Auslegung und Interessenabwägung begründet werden. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass bereits die Erteilung der Untervollmachten vom bisherigen Verwalter an einen Beirat für die nicht erschienenen und nicht gesondert vertretenen Eigentümer unzulässig war. Denn während § 12 (Abs. 2) der Gemeinschaftsordnung ausdrücklich davon spricht, dass der Verwalter für die Vollmachtgeber, die ihm eine schriftliche Vollmacht erteilt haben, einen Unterbevollmächtigten bestimmen darf, erwähnt § 12 (Abs. 3) der Gemeinschaftsordnung bei der hier vereinbarten Pauschalvollmacht für die untätig gebliebenen Eigentümer eine solche Möglichkeit nicht. Daraus könnte bereits zu schließen sein, dass der Verwalter für diese Pauschalvollmacht des § 12 (Abs. 3) der Gemeinschaftsordnung eine Untervollmacht nicht erteilen darf; diese Frage muss hier allerdings nicht abschließend entschieden werden.

    c) Selbst wenn man die Erteilung der Untervollmacht an den Beirat für wirksam ansehen wollte, wäre die Stimmabgabe durch den unterbevollmächtigten Beirat für den bisherigen Verwalter unwirksam gewesen, weil sie gegen die Stimmbeschränkung in § 12 (Abs. 3) der Gemeinschaftsordnung verstieß; es ist ein grundlegender und allgemein anerkannter Rechtssatz, dass ein Unterbevollmächtigter nicht mehr Befugnisse haben kann, als der Hauptbevollmächtigte (h. M.). Hier hätte also gemäß Vereinbarung der Unterbevollmächtigte die Stimmen für die untätigen Eigentümer entweder mit der Mehrheit der in der Versammlung Abstimmenden abgeben oder sich der Stimme enthalten müssen. Da sich der Unterbevollmächtigte an die in § 12 (Abs. 3) der Gemeinschaftsordnung enthaltene Stimmrechtsbeschränkung nicht gehalten hat, war seine Stimmabgabe für die un...

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