Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Bei Zusammenschluss mehrerer Wohnungseigentümergemeinschaften zu einer Wirtschafts- und Abrechnungs-Verwaltungsgemeinschaft (hier: eines Ferienparks im Time-Sharing-Modell) handelt es sich um eine übergeordnete Gesellschaft bürgerlichen Rechts gem. §§ 705ff. BGB
Wohnungseigentumsgericht kann auch nach Zurückverweisung zuständig bleiben (Durchführung des Verfahrens jedoch nach ZPO-Recht!)
Steht ein Wohnungseigentum mehreren Berechtigten gemeinschaftlich zu, kann das Stimmrecht in der Wohnungseigentümerversammlung "zwingend" nur einheitlich ausgeübt werden
Normenkette
§ 25 Abs. 2 WEG, § 31 WEG, § 43 WEG, §§ 705ff. BGB
Kommentar
1. Die vorliegend im Streit stehende Versammlung war keine solche der Wohnungseigentümer nach WEG, sondern eine Versammlung der Mitglieder der aus den sieben Wohnungseigentümergemeinschaften gebildeten Wirtschafts- und Abrechnungs-Verwaltungsgemeinschaften zum gemeinsamen Betrieb eines Ferienwohnparks. Eine Eigentümerversammlung nach WEG beschränkt sich immer auf die Mitglieder der durch die konkrete Wohnanlage gebildeten Eigentümergemeinschaft. Vorliegend hatten sich alle sieben Wohnungseigentümergemeinschaften durch unangefochten gebliebenen Beschluss zur genannten Wirtschaftsgemeinschaft zusammengeschlossen und damit zur Verfolgung und Erreichung gemeinsamer Zwecke (gemeinsame Bewirtschaftung des Ferienparkes) eine die sieben konkreten Wohnungseigentümergemeinschaften überlagernde GbR gebildet. Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren war die Wirksamkeit allein der von der übergeordneten GbR gefassten Beschlüsse.
2. Zum Zwecke neuerlicher Feststellungen wurde die Streitsache an das Amtsgericht - WEG-Abteilung - zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Eine Verweisung des Verfahrens an das von der Sache her an sich zuständige Landgericht als Prozessgericht scheidet aus. Der Rechtsbeschwerdesenat ist durch den im Rahmen einer Abgabe nach § 46 WEG entsprechend anwendbaren § 17a GVG gehindert, die von den Vorinstanzen inzident bejahte sachliche Zuständigkeit des Wohnungseigentumsgerichts zu prüfen. Keiner der Beteiligten hatte bisher die Zuständigkeit gerügt, so dass eine Vorabentscheidung des Amtsgerichts nach § 17a Abs. 3 S. 2 GVG auch nicht etwa pflichtwidrig unterblieben war (vgl. BGH, NJW 1995, 2851; OLG Köln, NJW-RR 97, 1443); damit bleibt das Wohnungseigentumsgericht nach wie vor zuständig, auch wenn die Streitigkeit maßgeblich nicht nach Wohnungseigentumsrecht, sondern nach den Regeln der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu entscheiden ist. Da nunmehr ein "gewöhnlicher" Rechtsstreit vor dem WEG-Gericht zu entscheiden ist, gilt auch der Amtsermittlungsgrundsatz nicht mehr. Die Durchführung des Verfahrens richtet sich nach Zivilprozessrecht.
3. Gem. § 25 Abs. 2 Satz 2 WEG können Mit-Wohnungseigentümer in Wohnungseigentümerversammlungen das Stimmrecht nur einheitlich ausüben; diese Regelung besagt zugleich, dass sie nicht gem. § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG abdingbar ist. Folglich können Eigentümer auch nicht wirksam vereinbaren, dass - wie hier in Gemeinschaftsordnungen geschehen - Quotenstimmrechte gebildet werden; dadurch wird nicht mehr gewährleistet, dass der zwingenden Regelung des § 25 Abs. 2 Satz 2 WEG Genüge getan wird. Innerhalb der jeweiligen Wohnungseigentümergemeinschaft können also Bruchteilseigentümer pro Wohneinheit ihre Stimme nur einheitlich abgeben.
Link zur Entscheidung
( OLG Köln, Beschluss vom 18.08.1999, 16 Wx 78/99= MZM 23/1999, 1105)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
1. Für mich überraschend ist der Hinweis des Senats auf den zwingenden Charakter des § 25 Abs. 2 Satz 2 WEG und damit die Nichtigkeit gequotelter Stimmrechte nach Gemeinschaftsordnungsvereinbarung (a.A. wohl die bisher h.R.M. unter Hinweis auf die Abdingbarkeit dieser Vorschrift). Sollte diese Auffassung tatsächlich geboten sein, könnte es wohl auch keine gequotelten Stimmrechte z.B. bei späterer (berechtigter) Unterteilung eines Wohnungseigentums geben, obgleich Obergerichte vereinzelt hier bereits Quoten-Stimmrechte als zulässig erachteten bzw. als Folge eine berechtigte Unterteilung festlegten.
2. Sicher interessant und diskussionswürdig ist auch die Feststellung des Senats, dass im vorliegenden Fall die wohnungseigentumsgerichtliche Zuständigkeit im Rahmen der "Sprung-Zurückverweisung" bestätigt wurde (bei richtiger Feststellung an sich gegebener Zuständigkeit der ordentlichen Zivilgerichtsbarkeit) und dass insbesondere das Wohnungseigentumsgericht im Rahmen des neuerlichen Beginns des Verfahrens nicht mehr dem Amtsermittlungsgrundsatz unterliege, sich vielmehr das Verfahren nunmehr nach ZPO richte (?!).
3. Richtig ist die Feststellung des Senats, dass im vorliegenden Fall eine übergeordnete Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR als Zweckgesellschaft) entstanden ist, und zwar mit den sieben Wohnungseigentümergemeinschaften als Gesellschaftern.
4. Die Rückverweisung erfolgte auch zur Beurteilung und Aufklärung der materiellen Rechtsfragen der Rechtsverhältnisse inne...