Leitsatz

  1. Zuständigkeit des Wohnungseigentumsgerichts bei Streit über die Verteilung von Pachtzinsen in einer Hotelanlage
  2. Das Rechtsmittelgericht ist nicht zur bisher unterbliebenen Festsetzung des Geschäftswerts der Vorinstanz befugt
 

Normenkette

(§§ 16 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 1, 48 Abs. 3 Satz 1 WEG; § 17 a GVG; § 31 Abs. 1 Satz 2 Kostenordnung)

 

Kommentar

  1. Schreibt die Gemeinschaftsordnung die Verpachtung der gesamten aus einer Betriebseinheit und Appartements bestehenden Hotelanlage (Kur- und Badehotel) an denselben Pächter vor, so ist für einen Streit über den zutreffenden Schlüssel für die Verteilung der Gesamtpacht auf die einzelnen Wohnungseigentümer das Wohnungseigentumsgericht zuständig. Das gilt auch dann, wenn die Verpachtung durch Einzelverträge mit den jeweiligen Eigentümern der Appartements vorgenommen wird. Nach innerem Zusammenhang der Angelegenheit geht es hier um Ansprüche aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer. Die entsprechende WEG-Zuständigkeitsbestimmung des § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG ist weit auszulegen. Im Zweifel spricht eine Vermutung für diese Zuständigkeit bei allen gemeinschaftsbezogenen Verfahrensgegenständen (vgl. auch jüngst BGH v. 26.9.2002, V ZB 24/02, NZM 2002, 1003). Dabei ist vom Sachvortrag eines Antragstellers auszugehen, aus dem sich die behauptete Zuständigkeit schlüssig ergeben muss (vgl. auch BayObLG v. 26.9.2002, 2Z BR 170/01, NJW-RR 2002, 882).

    Vorliegend umfasste die Verpachtung auch die jeweiligen Sondereigentumsrechte. An der Zuständigkeit des WE-Gerichts ändert sich ausnahmsweise nichts, da eine Trennung der beiden Bereiche (Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum)    nicht durchführbar ist (BayObLG v. 26.6.1991, BReg 2 Z 57/91, WuM 1991, 442). Ohnehin ist eine Verpachtung nur des gemeinschaftlichen Eigentums ohne Verpachtung auch von Sondereigentum nicht möglich, würde jedenfalls nicht den bezweckten wirtschaftlichen Erfolg erreichen. Besteht hier Verpflichtung einer Verpachtung durch alle Eigentümer an einen bestimmten Dritten, richtet sich die Verteilung der Gesamtpacht auf die einzelnen Eigentümer nach den Regeln über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Auch daraus folgt die verfahrensmäßige Zuständigkeit des Wohnungseigentumsgerichts, selbst wenn einzelne Eigentümer aus ihren Verträgen mit dem Hotelbetreiber einen individuellen, nicht dem wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren zugehörigen Pachtanspruch besitzen.

  2. Vorliegend war auch die sofortige weitere Beschwerde statthaft und auch zulässig. Soweit die Reform der ZPO (Gesetz vom 27.07.2001, BGBl I, 1887) auch Auswirkungen auf die Rechtsmittel in § 17 a Abs. 4 GVG hat (vgl. auch BGH-Beschluss v. 12.11.2002, XI ZB 5/02), berührt dies den Rechtszug im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht (vgl. auch Demharter, NZM 2002, 233).
  3. Hat das LG für den Beschwerderechtszug eine Festsetzung des Geschäftswerts nicht vorgenommen, muss es diese Entscheidung nunmehr nachholen, da der Rechtsbeschwerdesenat zwar zur Abänderung (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 2 Kostenordnung), nicht aber zur bisher unterbliebenen Festsetzung des Geschäftswerts der Vorinstanz befugt ist (h.R.M.).
  4. Zur Festsetzung der Höhe des Geschäftswerts (vorliegend auf 2.500 EUR bestimmt) ist zum einen die vom Antragsteller behauptete Benachteiligung durch die Anwendung des gegenwärtigen Verteilungsschlüssels (umgerechnet 250 EUR jährlich bei einer Vertragslaufzeit von 10 Jahren) und bei Streitigkeiten über die Abgabe des Verfahrens an das Prozessgericht grundsätzlich der Wert der Hauptsache als maßgeblich anzusetzen.
 

Link zur Entscheidung

(BayObLG, Beschluss vom 20.02.2003, 2Z BR 5/03)

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