Leitsatz

  • Zustellungsvertretung des Verwalters auch im Beschlussanfechtungsverfahren über seine Entlastung

    Unterrichtungsverpflichtung des Verwalters

    Vertretungsmacht bedarf gesonderter Ermächtigung, damit auch Rechtsanwalts-Beauftragung

    Eigentümerliste muss nicht ständig aktuell sein

    Rechtsschutzbedürfnis des einzelnen Eigentümers auf Verwalter-Abberufung eingeschränkt

 

Normenkette

§ 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG

 

Kommentar

1. Der Senat hat (gegen Stimmen im Schrifttum, vgl. z.B. Weitnauer/Hauger 8. Aufl. § 27 Rn. 17) entschieden, dass es im Interesse der Verfahrenserleichterung zulässig ist, den Verwalter weitest gehend als Zustellungsvertreter der nicht unmittelbar im Verfahren auftretenden Wohnungseigentümer heranzuziehen ( § 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG). Die Grenze ist nach Ansicht des Senats dort zu ziehen, wo ein echter Konflikt zwischen den Interessen des Verwalters und denen der übrigen Eigentümer vorliegt. Ein Verwalter ist aber auf jeden Fall dann als Zustellungsvertreter ausgeschlossen, wenn er selbst Antragsteller oder Rechtsmittelführer ist (vgl. BayObLGZ 1990, 173/174). Damit konnte der Verwalter im vorliegenden Fall (Anfechtung des Beschlusses über seine Entlastung durch einen Eigentümer und gleichzeitiges Antragsverlangen auf seine Entlassung) gleichwohl als Zustellungsvertreter der übrigen Eigentümer herangezogen werden.

2. Im vorliegenden Fall kam der Verwalter auch der sich aus seiner Zustellungsvertretung ergebenden Verpflichtung ordnungsgemäß nach, die Wohnungseigentümer vom Verfahren zu unterrichten (hier durch Rundschreiben). Ein Verwalter hat hier als Zustellungsvertreter der übrigen Eigentümer diese von anhängig gewordenen Verfahren in geeigneter Weise zu informieren. Entscheidend ist, dass die Wohnungseigentümer damit von einem Verfahren Kenntnis und die Möglichkeit erlangen, sich unmittelbar am Verfahren zu beteiligen oder sich über den Verwalter im Einzelnen über den Stand und Fortgang des Verfahrens weiter aufklären zu lassen.

3. Ein Verwalter als Zustellungsvertreter ist jedoch nach § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG kraft Gesetzes nur berechtigt, für die Eigentümer Willenserklärungen und Zustellungen entgegenzunehmen; eine darüber hinausgehende Vertretungsmacht räumt ihm das Gesetz grundsätzlich nicht ein. Zur Vertretung der übrigen Eigentümer in einem gerichtlichen Verfahren ist er vielmehr nur berechtigt, wenn er durch Vereinbarung, einen Eigentümerbeschluss (vgl. § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG) oder den Verwaltervertrag entsprechend ermächtigt ist. Nur in diesen Fällen ist er grundsätzlich auch befugt, einen Rechtsanwalt mit der Vertretung der übrigen Eigentümer (Antragsgegner) zu beauftragen.

4. Die namentliche Bezeichnung der Eigentümer in einer Eigentümerliste hat im gerichtlichen Verfahren insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer Zwangsvollstreckung Bedeutung. Eine solche kommt hier jedoch nach dem Entscheidungsergebnis nicht in Betracht (vgl. auch BayObLG, NJW-RR 97, 396). Im Übrigen ist es bei einer so großen Gemeinschaft wie hier die Regel, dass bei den Eigentümern im Zuge eines längerfristigen Verfahrens mehrfacher Wechsel stattfindet. Die Eigentümerliste muss deshalb im Hinblick auf den entsprechend anwendbaren § 265 Abs. 2 ZPOnicht ständig auf dem aktuellen Stand gehalten werden (vgl. auch BayObLGZ 1994, 237/239). Es ist daher in diesem Zusammenhang ohne ausschlaggebende Bedeutung, wenn die Angaben über den Eigentumserwerb einzelner Eigentümer bei einem Eigentumswechsel, der an die Grundbucheintragung geknüpft ist ( § 873 BGB), vom Verwalter oder dem für die Eigentümer auftretenden Verfahrensbevollmächtigten in Einzelfällen nicht zutreffend wiedergegeben sein sollten.

5. Zu Recht hat im vorliegenden Fall das LG auch darauf hingewiesen, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für ein von einem einzelnen Eigentümer an das Gericht gestelltes, auf § 21 Abs. 4 WEG gestütztes Verlangen auf Abberufung eines Verwalters regelmäßig nur dann besteht, wenn vorher wenigstens der Versuch unternommen wurde, einen Beschluss der Eigentümer zu diesem Gegenstand herbeizuführen (h.M., vgl. auch Weitnauer/Hauger, § 26 Rn. 29 m.w.N.).

6. Auch außergerichtliche Kostenerstattung der unterlegenen Antragstellerim Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswertansatz für diese Instanz von DM 108.600,-.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 01.07.1997, 2Z BR 23/97)

zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren

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