Zusammenfassung
Eine Satzungsregelung zur Zwangsabtretung von Geschäftsanteilen begründet meist nur eine schuldrechtliche Abtretungsverpflichtung. Die dingliche Abtretung bedarf der Mitwirkung des betroffenen Gesellschafters.
Zum Sachverhalt
Ein Gesellschafter einer GmbH nutzte die ihm eingeräumte Kontovollmacht dazu, um private Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 9.000 Euro vom Geschäftskonto der Gesellschaft zu begleichen. Daraufhin beschlossen die übrigen Gesellschafter seinen Ausschluss aus der Gesellschaft aus wichtigem Grund und vereinbarten anstelle der Einziehung die Abtretung seiner Geschäftsanteile auf einen anderen Gesellschafter. Grundlage hierfür war eine Regelung im Gesellschaftsvertrag, wonach die Gesellschafter bei Vorliegen eines wichtigen Grundes (a) die Einziehung von Geschäftsanteilen ohne Zustimmung des betroffenen Gesellschafters beschließen oder (b) die Abtretung der Geschäftsanteil auf die Gesellschaft, einen oder mehrere Gesellschafter oder einen oder mehrere Dritte gegen Übernahme der Abfindungslast durch den Erwerber verlangen können. Der beteiligte Notar reichte anschließend eine entsprechend geänderte Liste beim Handelsregister ein.
Der betroffene Gesellschafter wollte mittels einstweiliger Verfügung erreichen, dass die geänderte Gesellschafterliste zurückgenommen und stattdessen die ursprüngliche Liste, die ihn als Gesellschafter ausweist, wiederhergestellt wird. Er war der Auffassung, die Liste sei unrichtig, weil die Abtretung seines Geschäftsanteils ohne seine Mitwirkung nicht wirksam sei. Das LG München I hat den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen und die vom Gesellschafter eingelegte sofortige Beschwerde dem OLG München zur Entscheidung vorgelegt.
Der Beschluss des OLG München vom 21.6.2021 (Az. 23 W 784/21)
Das OLG München hat die sofortige Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen. Die geänderte Gesellschafterliste sei zwar falsch, dennoch bestünde nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) kein Anspruch auf Korrektur. Die Gesellschafterliste sei zwar unrichtig, weil mangels Mitwirkung des Gesellschafters noch keine wirksame dingliche Abtretung der Geschäftsanteile vorliege. Die Gesellschafterbeschlüsse hätten keine dingliche Abtretung des Geschäftsanteils bewirkt, sondern begründeten lediglich die schuldrechtliche Verpflichtung zur Abtretung durch den betroffenen Gesellschafter. Die Satzungsregelung enthalte weder Anhaltspunkte für eine antizipierte Abtretung noch für die Einräumung einer dinglichen Abtretungsermächtigung. Gleichwohl sei die Liste nicht zu korrigieren, da kein schutzwürdiges Eigeninteresse des Antragstellers hieran bestünde. Aller Voraussicht nach liege ein wichtiger Grund zum Ausschluss des Gesellschafters aus der Gesellschaft vor. Auf Grundlage der gefassten Beschlüsse sei der betroffene Gesellschafter deshalb verpflichtet, an der Abtretung seines Gesellschaftsanteils mitzuwirken. Es wäre rechtsmissbräuchlich, wenn er jetzt die Korrektur der Gesellschafterliste verlangen könnte, obwohl er verpflichtet ist, den dort wiedergegebenen Zustand herzustellen.
Praxisanmerkung
Im GmbH-Gesetz sind die Voraussetzungen für den Ausschluss von Gesellschaftern und das sich daran anschließende Verfahren nur rudimentär geregelt. Die Praxis behilft sich deshalb mit Regelungen in der Satzung. Dabei wird recht häufig die diesem Fall zugrunde liegende Möglichkeit der Zwangseinziehung oder Zwangsabtretung des Geschäftsanteils vereinbart.
Das OLG München hat nunmehr klargestellt, dass damit in aller Regel nur die schuldrechtliche Verpflichtung zur Abtretung des Geschäftsanteils, nicht aber die Abtretung selbst, beschlossen werden kann. Die Verpflichtung zur Abtretung muss, wenn der betroffene Gesellschafter nicht freiwillig daran mitwirkt, gerichtlich durchgesetzt werden. Zwar ist es möglich, eine antizipierte Abtretung oder eine dingliche Abtretungsermächtigung zu vereinbaren. Davon ist jedoch nur bei Vorliegen besonderer Anhaltspunkte oder einer eindeutigen Formulierung auszugehen.
Die Entscheidung gibt Anlass dazu, bei Abschluss des Gesellschaftsvertrags sorgfältig darauf zu achten, welche Rechtsfolgen die entsprechende Satzungsregelung auslösen soll. Wenn die Zwangsabtretung auch ohne Mitwirkung des betroffenen Gesellschafters möglich sein soll, dann muss das ausdrücklich so geregelt werden. Auch bereits bestehende Satzungen sollten dahingehend überprüft werden, ob die vorgesehenen Regelungen hinsichtlich Ausschluss und Zwangsabtretung der Geschäftsanteile den tatsächlichen Vorstellungen der Gesellschafter entsprechen. Nicht zuletzt beugt dies einem bösen Erwachen im Falle eines Gesellschafterstreits vor.