Leitsatz

Die Erteilung der Auskunft über den Bestand eines Nachlasses gem. § 2314 Abs. 1 BGB ist, auch wenn sie durch Vorlage eines notariellen Verzeichnisses zu erfolgen hat, eine unvertretbare, nach § 888 ZPO zu vollstreckende Handlung. Eine unvertretbare Handlung, die der Mitwirkung eines Dritten bedarf, kann dann nach § 888 ZPO vollstreckt werden, wenn nur der Wille des Schuldners zu beugen ist.

Die Festsetzung eines Zwangsmittels kommt nicht in Betracht, wenn der Schuldner die geschuldete Handlung nicht vornehmen kann, und zwar selbst dann nicht, wenn er sein Unvermögen schuldhaft herbeigeführt hat. Der Schuldner ist jedoch im Vollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO verpflichtet, die Handlung des (ihm gegenüber) mitwirkungspflichtigen Dritten mit der gebotenen Intensität einzufordern und hierzu die ihm zustehenden tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Dritten zu seiner Mitwirkung zu bewegen und alle insoweit zumutbaren Maßnahmen - ggf. einschließlich gerichtlichen Vorgehens - zu ergreifen.

 

Sachverhalt

Die Klägerin macht gegenüber ihrer Schwester, die nach dem Tode der Mutter am 8.9.2007 Alleinerbin wurde, Pflichtteilsansprüche geltend. Vor dem AG erhob sie zunächst Stufenklage, woraufhin hinsichtlich der Auskunftsstufe ein Teilanerkenntnisurteil erging. Dieses verpflichtet die Beklagte zur Auskunftserteilung über den Bestand des Nachlasses durch notarielles Verzeichnis. Die Klägerin betreibt nun aus der vollstreckbaren Urteilsausfertigung die Zwangsvollstreckung und beantragte die Festsetzung eines Zwangsmittels wegen Nichtvornahme.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Antrages, da sie Notar B mit der Fertigung eines notariellen Nachlassverzeichnisses beauftragt habe, der jedoch wegen personeller Engpässe seiner Bürokräfte ein Nachlassinventar noch nicht habe errichten können.

Das LG erließ zur Durchsetzung des Teilanerkenntnisurteils ein Zwangsgeld i.H.v. 1.000,00 EUR; es ging davon aus, sie habe ihre Mitwirkungspflichten verletzt, indem sie dem Notar nicht die geschuldeten Informationen und Auskünfte erteilt habe. Hiergegen wendet sich die Beklagte nunmehr mit der sofortigen Beschwerde.

 

Entscheidung

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung ist § 888 ZPO, da es dem Notar unmöglich ist, die erforderlichen Informationen zur Errichtung des Nachlassverzeichnisses allein aus schriftlichen Unterlagen zu entnehmen und die titulierte Auskunftserteilung somit eine unvertretbare Handlung darstellt. Auch wenn die Beklagte zur Erfüllung ihrer Auskunftspflicht eines Dritten - hier eines Notars - bedarf, so handelt es sich doch um eine Auskunftsverpflichtung der Beklagten und nicht eine solche des Notars. Lediglich die für deren Erfüllung vorgegebene Form ist von der Mitwirkung des Dritten abhängig.

Diese Mitwirkungshandlung des Notars ist aber wieder davon abhängig, dass zuvor die Beklagte die zur Erbringung der Mitwirkungshandlung des Notars erforderlichen eigenen Mitwirkungshandlungen erbringt, nämlich ihrerseits dem Notar Auskunft erteilt und ggf. Belege übermittelt hinsichtlich Nachlassbestand, Schenkungen und Zuwendungen der Erblasserin sowie hinsichtlich der Vollständigkeit dieser Erklärungen vorlegt sowie dem Notar insoweit auch für Nachfragen etc. persönlich zur Verfügung steht. Vorliegend hat die Beklage jedoch den Nachweis für die ihr gegenüber dem Notar obliegenden Mitwirkungshandlungen (Auskunftserteilung über Nachlassbestand, Schenkungen und Zuwendungen der Erblasserin sowie hinsichtlich der Vollständigkeit dieser Erklärungen) nicht erbracht. Ob das bisherige Untätigbleiben des Notars daneben auch auf anderen Gründen beruht, und ob die Beklagte sich intensiv um seine Mitarbeit bemüht hat, ist mithin nicht mehr entscheidend.

Die Festsetzung des Zwangsmittels war somit geboten. Da es sich bei dem Zwangsmittel nur um eine Zwangs- und Beugemaßnahme und nicht um eine repressive Rechtsfolge handelt, sind Vorsatz oder Fahrlässigkeit in Bezug auf die Nichterfüllung der Verpflichtung auch keine Voraussetzung. Die Höhe der Festsetzung ist nicht zu beanstanden, vgl. Art. 6 Abs. 1 EGStGB, § 888 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

 

Hinweis

Da die anfallenden Gerichtskosten streitwertunabhängige Festgebühren (vgl. Nrn. 2111, 2121 KV-GVG) sind, ist eine Festsetzung eines Gegenstandswertes für ein Zwangsvollstreckungs(beschwerde)verfahren nicht erforderlich. Eine Wertfestsetzung für etwa anfallende Anwaltsgebühren, die sich nach § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG nach dem Wert der Hauptsache bemessen, erfolgt nur auf Antrag (§ 33 Abs. 1 und 2 RVG) einer Partei oder eines Prozessbevollmächtigten (§ 32 Abs. 2 RVG).

 

Link zur Entscheidung

OLG Nürnberg, Beschluss vom 26.08.2009, 12 W 1364/09

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?