Leitsatz

Den Zwangsverwalter einer Mietwohnung trifft auch die Pflicht des Vermieters zur Anlage einer vom Mieter als Sicherheit geleisteten Geldsumme bei einem Kreditinstitut; dies gilt auch dann, wenn der Vermieter die Kaution nicht an den Zwangsverwalter ausgefolgt hat (im Anschluss an BGH, Urteil v. 9.3.2005, VIII ZR 330/03, NZM 2005, 596).

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB § 551 Abs. 3; ZVG § 152 Abs. 2; Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen vom 20.12.1982

 

Kommentar

In einem am 26.4.1971 geschlossenen Mietvertrag über eine Wohnung war hinsichtlich der Kaution Folgendes vereinbart: "Der Mieter gibt dem Vermieter für die Einhaltung der ihm aus diesem Vertrag obliegenden Verbindlichkeiten zinslos eine Sicherheit in Höhe von 1.600 DM ..." Die Mieterin hat die Kaution an den Vermieter gezahlt. Durch Beschluss vom 31.10.2001 hat das Amtsgericht die Zwangsverwaltung angeordnet. Der Vermieter hat die Kaution nicht an den Zwangsverwalter ausgehändigt. Die Mieterin nimmt den Zwangsverwalter gleichwohl "auf Anlage der ... gezahlten Kaution von 1.600 DM (818,07 EUR) nebst Zinsen entsprechend § 551 Abs. 3 BGB" in Anspruch.

Die Klage hatte hinsichtlich des Antrags auf insolvenzfeste Anlage der Kaution Erfolg, hinsichtlich der Verzinsungspflicht blieb sie erfolglos:

1. Der BGH stellt im Anschluss an seine bisherige Rechtsprechung zunächst klar, dass der Zwangsverwalter alle den Vermieter treffenden Pflichten zu erfüllen hat (BGH, Urteil v. 16.7.2003, VIII ZR 11/03, NJW 2003, 3342; Urteil v. 9.3.2005, VIII ZR 330/03, NJW-RR 2005, 1029).

2. Nach § 551 Abs. 3 BGB hat der Vermieter eine Kaution verzinslich auf einem Sonderkonto anzulegen. Die Anlagepflicht gilt auch für solche Mietverhältnisse, die vor dem Inkrafttreten des § 551 BGB (am 1.9.2001) abgeschlossen wurden. Dies folgt ohne Weiteres aus der Erwägung, dass bereits die Regelung in § 550b BGB a. F. eine derartige Anlage vorsah.

Allerdings ist die Regelung des § 550b BGB a. F. erst durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen vom 20.12.1982 (BGBl I, 1912) in das BGB eingefügt worden. Vor dem Inkrafttreten dieser Regelung am 1.1.1983 waren die Pflichten des Vermieters hinsichtlich der Kaution nicht gesetzlich geregelt. Dies führt zu der Frage, ob der Vermieter eine vor dem 1.1.1983 vereinbarte und erhaltene Kaution nach dem 1.1.1983 insolvenzfest (konkurssicher) anzulegen hatte.

In Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes vom 20.12.1982 ist hierzu Folgendes geregelt: "Art. 1 Nr. 3 (ist) ... ab dem Inkrafttreten dieses Gesetzes in Bezug auf die Verzinsung auch auf Mietverhältnisse über Wohnraum anzuwenden, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes vereinbart worden sind, wenn ein Ausschluss der Verzinsung nicht ausdrücklich vereinbart wurde." Die Vorschrift wurde teilweise dahingehend verstanden, dass damit die auf einem Sonderkonto angelegten Kautionen angesprochen sind. Soweit die Parteien wegen der Verzinsung keine Absprache getroffen haben, sollten die Zinsen ab dem 1.1.1983 dem Mieter zustehen. Bei einem vereinbarten Verzinsungsausschluss sollten die Zinsen weiterhin dem Vermieter zufließen. Wurde eine Kaution dagegen vor dem 1.1.1983 bar dem Vermieter übergeben oder auf sein Privatkonto eingezahlt, sollte es hierbei verbleiben. Der Vermieter war also weder zu einer gesonderten Anlage noch zu einer Verzinsung verpflichtet (LG Hamburg, Urteil v. 23.6.1987, 16 S 59/87, WuM 1987, 316; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl. 1988, Rdn. III 243; v. Martius in: Bub/Treier, Rdn. III A 790; Blank/Börstinghaus, Miete, 1. Aufl. 2000, § 550b BGB Rdn. 3).

Folgt man dieser Ansicht, so traf weder den Vermieter noch den Zwangsverwalter eine Pflicht zur gesonderten Anlage der Kaution. Nach anderer Ansicht soll sich aus der Regelung in Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes vom 20.12.1982 ergeben, dass der Vermieter seit dem 1.1.1983 verpflichtet ist, alle die in früherer Zeit empfangenen Sicherheiten auf einem entsprechenden Sonderkonto verzinslich anzulegen (AG Ludwigshafen, Urteil v. 25.5.1987, 2g C 81/87, WuM 1987, 350; Derleder, WuM 1986, 39, 43). Nach dieser Ansicht hätte die Klage des Mieters in vollem Umfang Erfolg: Der Vermieter und mit ihm der Zwangsverwalter hätten die Kaution ab dem 1.1.1983 verzinslich anlegen müssen.

Der BGH setzt sich mit den hier angesprochenen Fragen nicht auseinander. Vielmehr vertritt er die Ansicht, dass der Vermieter und mit ihm der Zwangsverwalter zwar verpflichtet sind, die Kaution insolvenzfest anzulegen, die Kaution muss aber nicht verzinst werden.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 11.03.2009, VIII ZR 184/08, NJW 2009, 1673 m. Anm. Walke, jurisPR-MietR 10/2009 Anm. 4

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