Leitsatz

  • Zweckbezeichnung einer Räumlichkeit im Aufteilungsplan hat nicht die Bedeutung einer verbindlichen Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter

    Ist eine Einheit in der Teilungserklärung als Sondereigentum, im Aufteilungsplan jedoch als Gemeinschaftseigentum beschrieben, entsteht aufgrund dieses Widerspruchs der Eigentumsbegründungsunterlagen kein Sondereigentum

    Ein im Aufteilungsplan vermerkter Gebrauchszweck besitzt nur die Qualität eines Nutzungsvorschlags

    Wohnungseigentümergemeinschaft kann auch mehrheitlich über die Fremdvermietung von Räumlichkeiten beschließen, die im Aufteilungsplan als "Wohnung für den Hausmeister" bezeichnet sind

 

Normenkette

§ 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG, § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG, § 15 WEG

 

Kommentar

1. In einer größeren Wohnanlage war bisher eine im Gemeinschaftseigentum stehende Hausmeisterwohnung als solche vom Hausmeister genutzt; im Aufteilungsplan war bei dieser Wohnung handschriftlich vermerkt "Hausmeister (Gemeinschaftseigentum)". Seit 1995 hat die Gemeinschaft einen Miteigentümer als Hausmeister, der diese Wohnung nicht benötigt. Dem ehemaligen Hausmeister wurde gestattet, die besagte Wohnung auch weiterhin gegen Mietzinszahlung zu nutzen. Nach seiner Mietvertragskündigung beschloss die Gemeinschaft 1999 für die Zukunft "Fremdvermietung dieser Wohnung" mehrheitlich.

Die Beschlussanfechtung eines Eigentümers hiergegen blieb in allen Instanzen ohne Erfolg (in III. Instanz im Rahmen einer Kostenentscheidung nach übereinstimmend erklärter Hauptsacheerledigung unter Berücksichtigung des Verfahrensausganges mit gleichem Ergebnis wie in den Vorinstanzen).

2. Wird eine Sondereigentumseinheit nur im Aufteilungsplan, nicht aber auch in der Teilungserklärung als "Wohnung für den Hausmeister" zweckbestimmend ausgewiesen, so kommt dem Hinweis im Aufteilungsplan nicht die Bedeutung einer verbindlichen Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG zu. Der Aufteilungsplan hat primär die Aufgabe, die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe der im Sondereigentum und gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich zu machen und von diesen abzugrenzen (vgl. § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG).

3. Ist die betreffende Eigentumswohnung in der Teilungserklärung als Sondereigentum ausgewiesen, im Aufteilungsplan jedoch als Gemeinschaftseigentum aufgeführt, entsteht insoweit an dieser Einheit kein Sondereigentum (vgl. BGHZ 130, 159 = ZMR 95, 521 m.w.N.); der nur im Aufteilungsplan vermerkte Gebrauchszweck ist nicht verbindlich; er besitzt vielmehr nur die Qualität eines Nutzungsvorschlages (vgl. BayObLG, ZMR 2000, 234).

4. Der mehrheitlich gefasste Eigentümerbeschluss, wonach künftig eine Fremdvermietung der in Rede stehenden Wohnung erfolgen sollte, ist auch nach Ansicht des Senats eine zulässige Eigentümerentscheidung; mit einem solchen Beschlusses wird der Mitgebrauch aller Eigentümer an diesem im Gemeinschaftseigentum stehenden Objekt neu geregelt, was gem. § 15 Abs. 2 WEG mangels entgegenstehender Vereinbarung durch Teilungserklärung oder nachfolgenden Beschluss auch mit Stimmenmehrheit zulässig gewesen sein dürfte (vgl. ebenfalls BayObLG, Vorlage Beschluss zum BGH vom 14. 10. 1999, BayObLGZ 1999, 337 = WM 2000, 147 = ZMR 2000, 110 unter Aufgabe früherer Rechtsprechung und in ausdrücklicher Abweichung vom Beschluss des OLG Zweibrücken vom 5. 6. 1986, NJW-RR 86, 1338 = ZMR 86, 368). Ein solcher Mehrheitsbeschluss stellt eine die Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechende ordnungsgemäße Gebrauchsregelung dar. Eine solche entgeltliche Überlassung einer im Gemeinschaftseigentum stehenden Wohnung an einen Dritten schränkt das Recht eines Miteigentümers auf Mitgebrauch dieser Wohnung nicht mehr ein, als die Nutzung dieser Wohnung durch einen von der Gemeinschaft angestellten Hausmeister, da auch bei der bisher praktizierten Nutzung der Antragsteller vom unmittelbaren Gebrauch der Wohnung ausgeschlossen war. Die bisherige und die beschlossene künftige Nutzung der Wohnung kommt allen Eigentümern gleichermaßen zugute, weil sie entweder den Vorteil der ortsnahen Betreuung der Anlage durch einen Hausmeister genießen oder ihnen das Entgelt für die Fremdvermietung anteilig zufließt. An die Stelle eines Mitgebrauchs tritt bei Vermietung der Anteil an den entsprechenden Mieteinnahmen. Auch eine Betreuung der Wohnanlage durch einen externen Hausmeister muss nicht weniger effektiv sein und nicht weniger zügig erfolgen, als durch einen Hausmeister, der hier ohnehin in der Anlage selbst wohnt und deren Betreuung gewährleistet.

 

Link zur Entscheidung

( OLG Hamburg, Beschluss vom 16.05.2000, 2 Wx 14/00, ZMR 9/2000, 628)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Der BGH hat zwischenzeitlich auf Vorlage des BayObLG mit Beschluss ( BGH, Beschluss vom 29. 6. 2000, Az.: V ZB 46/99), die Meinung des BayObLG (und damit auch die Auffassung des OLG Hamburg in vorstehender Kostenentscheidung) für den Fall bestätigt, "dass einer solchen gebrauchsregelnden Mehrhei...

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