Leitsatz (nicht amtlich)
Vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen Steuerberatern und Steuerberatungsgesellschaften ist zwingend ein Schlichtungsverfahren vor der zuständigen Steuerberaterkammer durchzuführen.
Zum Sachverhalt
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Minderung des Kaufpreises in Anspruch, den sie wegen des Erwerbs einer Steuerberaterpraxis an die Beklagte gezahlt hat. Mit Vertrag vom 14.6.1999 verkaufte die Beklagte an die Klägerin ihre Steuerberaterpraxis für einen Kaufpreis von 570000 DM, wobei 520 000 DM auf den Mandantenstamm und 50 000 DM auf das Inventar entfielen. In Ziff. 9 des Vertrages vereinbarten die Parteien folgendes: "… Scheiden in der Mandantenliste aufgeführte Mandanten innerhalb von 12 Monaten nach dem Übernahmetag aus oder sinkt der Beratungsumsatz mit diesen Mandanten und sinkt damit der der Kaufpreisbemessung zugrunde liegende Umsatz gemäß Absatz 2, so hat der Verkäufer den Differenzbetrag zu 100 % zu erstatten …". Ferner vereinbarten die Parteien in Ziff. 9 des Vertrages, dass die endgültige Abrechnung bis zum 1.10.2000 vorgelegt werden sollte.
Die Beklagte stellte am 26.6.2000 bei der Steuerberaterkammer X einen Antrag auf Durchführung eines Vermittlungsverfahrens. Dabei ging es um dieselbe Problematik wie im vorliegenden Rechtsstreit. Nach entsprechender Aufforderung durch die Steuerberaterkammer haben die Parteien im Rahmen des Vermittlungsverfahrens mittlerweile zu den bestehenden Streitigkeiten Stellung genommen.
Die Klägerin behauptet, dass sie mit den übernommenen Mandanten während des einjährigen Garantiezeitraumes lediglich einen Umsatz in Höhe von 208 984 DM erzielt habe. Sie ist daher der Auffassung, dass ihr ein Anspruch in Höhe von 520000 DM - 208 984 DM = 311016 DM zustehe. Sie ist ferner der Auffassung, dass die Klage trotz des Vermittlungsverfahrens bei der Steuerberaterkammer zulässig sei. Zum einen sei ein Vermittlungsverfahren nach der Berufsordnung für Steuerberater (BOStB) nicht zwingend. Zum anderen verlange die BOStB nicht mehr, als dass der Steuerberaterkammer Gelegenheit zur Vermittlung und Stellungnahme gegeben werde, was unstreitig erfolgt sei. Im Übrigen beruft sich die Klägerin darauf, dass spätestens ab dem 1.10.2000 das konkrete Risiko der Verjährung bestanden habe und die Berufsordnung nicht die Verpflichtung enthalten könne, Ansprüche verjähren zu lassen.
Die Klägerin beantragt, die Beklagten zu verurteilen, an sie 311016 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 6.10.2000 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie bestreitet den Vortrag der Klägerin und ist zudem der Auffassung, die Klage sei zumindest derzeit nicht zulässig. Sie beruft sich insoweit auf § 31 Abs. 3 und 4 der BOStB.
Aus den Entscheidungsgründen
Die Klage ist derzeit nicht zulässig, da der in § 31 Abs. 3 und 4 BOStB vorgesehene Schlichtungsversuch vor der Steuerberaterkammer noch nicht durchgeführt worden ist.
Gemäß § 31 Abs. 3 BOStB sind bei Streitigkeiten unter Steuerberatern die Beteiligten verpflichtet, eine gütliche Einigung zu versuchen und erforderlichenfalls eine Vermittlung durch die Steuerberaterkammer zu beantragen. Gem. Abs. 4 dieser Vorschrift sollen Steuerberater der Steuerberaterkammer die Möglichkeit geben, in der Angelegenheit zu vermitteln, wenn sie beabsichtigen, in eigener Sache bei Gerichten und Behörden Maßnahmen gegen Steuerberater zu ergreifen.
Diese Regelung stellt eine Schlichtungsoder Güteklausel dar, durch die die Anrufung der staatlichen Gerichte so lange ausgeschlossen wird, bis die zuständige Steuerberaterkammer den Versuch unternommen hat, zwischen den Parteien eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen. Insoweit folgt die Kammer den Grundsätzen der Rechtsprechung des BGH, wonach die Klagbarkeit durch eine Güte- und Schlichtungsklausel ausgeschlossen werden kann. Zwar handelt es sich hierbei nicht um eine zwischen den Parteien vertraglich vereinbarte Schlichtungsklausel, wie sie den oben zitierten Entscheidungen des BGH zugrunde lag. Jedoch stellt § 31 Abs. 3, 4 BOStB zwischen den Parteien bindendes Recht dar, da die BOStB gem. § 86 Abs. 2 Nr. 2 Steuerberatungsgesetz als Satzung erlassen wurde und gem. § 1 BOStB sowohl für Steuerberater als auch für Steuerberatungsgesellschaften gilt.
Dass die in § 31 Abs. 3, 4 BOStB enthaltene Schlichtungsklausel die Klagbarkeit ausschließt, soweit die Steuerberaterkammer noch nicht die Gelegenheit zu einem Vermittlungsversuch hatte, ist sachgerecht. Der Zweck dieser Bestimmung liegt darin, zunächst die zuständige Berufsvertretung mit Streitigkeiten zwischen Steuerberatern zu befassen und aufgrund der sachkundigen Unterstützung zu verhindern, dass diese Streitigkeiten nicht vor den ordentlichen Gerichten ausgetragen werden. Dieser Zweck kann nur erreicht werden, wenn die vorherige Durchführung des Vermittlungsverfahrens Voraussetzung für die Beschreitung des ordentlichen Rechtswegs ist. Aus diesem Grund handelt es sich auch bei der Regelung des § 31 Abs. 4 BOStB trotz der Formulierung, es "solle" der...