Ordnungsgeld für Umgangsberechtigten, der sein Kind häufig in Konfliktlagen bringt
Nach Streitigkeiten zwischen den Eltern über den Umgang mit dem gemeinsamen, bei der Mutter lebenden elfjährigen Sohn, erließ das Familiengericht einen Umgangsbeschluss. Darin wurde geregelt, dass der Vater berechtigt und verpflichtet ist, mit dem Kind in den geraden Kalenderwochen nach Maßgabe des Beschlusses die Wochenenden zu verbringen und zusätzlich einen Tag während der Woche. Außerdem erhielt der Vater das Recht, in den geraden Kalenderjahren jeweils die ersten drei Wochen der Schulsommerferien mit dem Kind zu verbringen.
Wohlverhaltensklausel sollte Umgang absichern
Darüber hinaus wurde in einer so genannten Wohlverhaltensklausel festgelegt, dass die Eltern alles zu unterlassen haben, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert.
Vater setzte sich über die Umgangsregelung hinweg
In Abweichung von dieser Umgangsregelung hatte der Vater seinen Sohn im Juli 2014 am Ferienort seiner Schule aufgesucht und diesen zu einem 25-minütigen Gespräch aufgefordert. Auf die Hortbetreuerin wirkte die Gesprächssituation sehr angespannt und ernst. Der Junge habe anschließend verstört gewirkt und sich zurückgezogen.
Zu einem ähnlichen Vorfall kam es am darauf folgenden Tag. Hierbei hat die Betreuerin den Jungen weinend vor dem lautstark telefonierenden und dabei wild gestikulierenden Vater stehen sehen, der offensichtlich mit der Mutter telefonierte und sich nach dem Eindruck der Betreuerin abwertend über die Mutter äußerte.
Ordnungsgeld wegen ungeplantem Umgang?
Das Kind erschien ihr darauf sehr verschreckt und ängstlich. Auf Antrag der Mutter verhängte das AG gegen den Vater darauf ein Ordnungsgeld in Höhe von 750 Euro wegen Verstoßes gegen die Umgangsregelung. Hiergegen legte der Vater Beschwerde ein.
Kein Umgang außerhalb der festgelegten Zeiten
Das KG Berlin bestätigte den Ordnungsgeldbeschluss. Dabei hob das KG hervor, dass nach dem Wortlaut des Beschlusses der Vater berechtigt und verpflichtet sei, zu bestimmten Zeiten den Umgang mit seinem Sohn zu pflegen. Dieser gerichtliche Umgang diene der Verwirklichung der Kinderrechte nach §§ 1626 Abs. 3 Satz 1, 1684 Abs. 1, 1697a BGB.
Logisch zwingend ergebe sich aus einer solchen Verfügung im Umkehrschluss, dass außerhalb der festgelegten Umgangszeiten der Umgang zu unterbleiben habe. Die positive Umgangsregelung enthalte immer zugleich das konkludente Gebot an den Umgangsberechtigten, sich außerhalb der festgelegten Umgangszeiten eines Kontaktes mit dem Kinde zu enthalten.
Noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung
Neuere Rechtsprechung zu diesem Vorfallszeit konnte das KG nicht finden. Das KG verwies allerdings auf eine Grundsatzentscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts, das gegenüber einem Vater, den die Kinder aus eigenem Antrieb immer wieder aufsuchten und der sich wiederholt weigerte, die Kinder an die Mutter wieder herauszugeben, nach damals geltendem Recht ein Zwangsgeld verhängte (Bayerisches Oberste LG, Beschluss v. 27.1.1993, 1 Z BR 102/92).
Auch das Bayerische Oberste LG war davon ausgegangen, dass eine dezidierte Umgangsregelung grundsätzlich dahin auszulegen sei, dass sie gleichzeitig das Gebot an den Umgangsberechtigten enthalte, sich außerhalb der festgelegten Zeiten des Umgangs mit dem Kind zu enthalten.
Das Kind soll vor Konfliktlagen geschützt werden
Allein diese Auslegung entspricht nach Auffassung des KG dem Wohl des Kindes. Durch eine eindeutige Umgangsregelung solle das Kind nämlich davor bewahrt werden, sich mit dem umgangsberechtigten Elternteil ständig über die Frage auseinandersetzen zu müssen, wann Besuche stattfinden sollen und wann nicht.
Unerwartete Konfrontation verhindern
Eine unerwartete Konfrontation mit diesem Thema verletze den durch ein solchen Beschluss geschaffenen Schutzraum des Kindes vor Überforderung. Das Kind solle durch den Umgangsbeschluss davor bewahrt werden, in die Zwangslage zu geraten, sich zwischen beiden Elternteilen entscheiden zu müssen. Im konkreten Fall belege auch der Bericht der Horterzieherin über die Verstörung und Verunsicherung des Kindes, dass der Vater durch sein Verhalten dem Wohl des Kindes diametral zuwider gehandelt habe. Der Vater habe hierdurch auch unnötig die Aufgabe der Mutter erschwert, das Kind auf die festgelegten Umgangszeiten positiv einzustimmen. Damit habe er gegen die ihm obliegende Wohlverhaltenspflicht nach § 1684 Abs. 2 BGB verstoßen.
Auch das nicht ausdrücklich Geregelte ist vollstreckbar
Der Anwalt des Vaters argumentierte demgegenüber dahingehend, dass in einen Umgangsbeschluss keine zusätzlichen Gebote hineininterpretiert werden dürften. Was nicht ausdrücklich in einem Gerichtsbeschluss geregelt sei, sei auch nicht vollstreckbar und könne damit auch nicht mit einem Ordnungsgeld belegt werden. Diese Argumentation wies das Gericht als formalistisch zurück.
- Allerdings schränkte das KG seine Auslegung insoweit etwas ein, als es die Rechtfertigung des Ordnungsgeldes nicht mit außerhalb der festgelegten Umgangszeiten aufgenommen Telefonkontakten des Vaters zu seinem Sohn begründete.
- Hierzu habe der Vater unwidersprochen vorgetragen, die Mutter habe solche Kontakte in der Vergangenheit stillschweigend geduldet. Da der Vater sich häufig im Ausland aufhalte, widersprächen diese Kontaktaufnahmen nicht unbedingt dem Kindeswohl.
Insoweit appellierte das Gericht allerdings an den auf das Gericht sehr fordernd wirkenden Vater, er solle solche Kontakte nicht zu einer Pflichtveranstaltung degradieren. Sowohl die Telefonkontakte als auch die persönlichen Besuche sollten dem Kind nicht Stress, sondern Freude und Entspannung bringen.
(KG Berlin, Beschluss v. 12.2.2015, 13 WF 203/13).
Vgl. zu dem Thema auch:
Vater erhält 15.000 EUR Entschädigung weil Gerichte sein Umgangsrechts nicht durchsetzen
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