Fehlender Hinweis auf Gegenstandswert


Fehlender Hinweis auf Gegenstandswert

Auch wenn es für den Anwalt logisch ist, dass sich die meisten Gebühren am Gegen­stands­wert ori­en­tieren, ver­gisst er es oft, den Man­danten darüber zu infor­mieren, was im Extrem­fall zum voll­stän­digen Hono­rar­aus­fall führen kann.    

Wenn sich die Gebühren eines Rechts­an­walts nach dem Gegen­stands­wert richten, muss der Anwalt nach § 49b Abs. 5 BRAO den Man­danten vor Über­nahme des Mandats darauf hin­weisen. Hierfür genügt auch ein münd­li­cher Hinweis, wenn dieser ein­deutig ist oder ein druck­tech­nisch her­vor­ge­ho­bener Hinweis darauf, dass die Grund­lage für die Abrech­nung der Gegen­stands­wert ist. Das Fehlen eines solchen Hinweises begründet den Vorwurf einer erheblichen Verletzung der anwaltlichen Aufklärungspflicht.

Der BGH hat ent­schieden (BGH, Urteil v. 24.5.2007, IX ZR 89/06), dass der Rechts­an­walt, der den Man­danten vor Über­nahme des Auf­trags schuld­haft nicht darauf hin­weist, dass sich die für seine Tätig­keit zu erhe­benden Gebühren nach dem Gegen­stands­wert richten, dem Man­danten zum Ersatz des hier­durch ver­ur­sachten Scha­dens ver­pflichtet ist. Das OLG Hamm hat (OLG Hamm, Urteil v. 16.6.2009, 28 U 1/09) unter Bezug­nahme auf diese BGH-Ent­schei­dung geur­teilt, dass der Scha­dens­er­satz­an­spruch des Man­danten i. d. R. auf die Frei­hal­tung von unnö­tigen Kosten gerichtet ist. Der Mandant muss in diesem Fall auch keinen Anwalt benennen, der zu einer Übernahme des Mandats zu günstigeren Bedingungen bereit gewesen wäre.

Musterrechnung nur auf konkrete Anforderung

Ist der Hinweis ordnungsgemäß erfolgt, ist der Anwalt nicht verpflichtet, dem Mandanten eine vollständige Berechnung der voraussichtlichen Gebühren vorzulegen, auf ausdrückliche Nachfrage allerdings schon. Auch kann der Anwalt in besonders gelagerten Fällen nach Treu und Glauben ungefragt zu einem solchen Hinweis verpflichtet sein, beispielsweise dann, wenn das vom Mandanten wirtschaftlich verfolgte Ziel in keinem angemessenen Verhältnis zur Höhe der voraussichtlichen Gebühren steht.

Verschärfte Hinweispflichten gegenüber Verbrauchern

Schließlich ist, wenn es sich bei dem Mandanten um einen Verbraucher handelt, eine aktuelle Entscheidung des EuGH zu den Informationspflichten gegenüber Verbrauchern zu beachten. Danach sind Verbraucher vor Abschluss eines Vertrages über die wirtschaftlichen Folgen des Vertragsschlusses in einer solchen Weise zu informieren, dass sie eine rational begründete Entscheidung über das „Ob“ des beabsichtigten Vertragsschlusses treffen können (EuGH, Urteil v. 12.1.2023, C-395/21). Dieses Urteil dürfte für Anwälte auf eine grundsätzliche Pflicht hinauslaufen, Verbraucher über die voraussichtlichen Kosten des Mandats aufzuklären.

Streitwertoptimierung mithilfe von Online-Tabellen

Gerade bei für ihn nicht gän­gigen oder schwer zu taxierenden Gegen­stands-/Streit­werten kann der Anwalt auf eine Opti­mie­rung der Gebühren hin­wirken. Es gibt z. B. auf der Home­page der Justiz in Nord­rhein-West­falen einen aktu­ellen Streit­wert­ka­talog für finanz­ge­richt­liche Strei­tig­keiten, für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und die Arbeitsgerichtsbarkeit (www.​justiz.​nrw.​de) auf den Inter­net­seiten des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts (www.​bverwg.​de) den Katalog für ver­wal­tungs­recht­liche Strei­tig­keiten oder auf den Inter­net­seiten der Justiz Rheinland-Pfalz (www.​justiz.​rlp.​de) einen Streitwertkatalog für arbeitsgerichtliche Ver­fahren.

Schlagworte zum Thema:  Anwaltsgebühren, Kanzleimanagement