BGH bestätigt für Prämiensparverträge Kündigungsrecht nach 15 Jahren
Alte Sparverträge werden durch Niedrig- und Negativzinsen zum Zuschussgeschäft
Seit Jahren bewegen sich Banken und Sparkassen in der Eurozone im Niedrig- und Negativzinsumfeld und leiden hierunter. Einst angepriesene und gern an den Mann oder die Frau gebrachte Prämiensparverträge schmerzen in der Bilanz.
- Vor allem die lang laufenden Verträge aus den 90-er Jahren,
- die über die Jahre die Zinssätze beachtlich steigern,
- treiben den Sparkassen die Tränen in die Augen.
- Sie kündigen die Verträge reihenweise – nicht ohne Widerstand der Kunden.
Ein Fall wurde jetzt vom BGH entschieden und wird seine Musterwirkung für andere derartige Vertragsverhältnisse entfalten.
Reizvolle Sparverträge: Zinsen + Prämien + Flexibilität
Aus Sachsen-Anhalt kam der Fall, in dem Sparkassen-Kunden gegen die Kündigung ihrer drei Sparverträge angingen. Ein Sparkonto wurde 1996 eröffnet, zwei weitere 2004. Es handelt sich um Sparkonten „S-Prämiensparen flexibel“, die so beworben wurden:
„Je länger, desto lieber – so heißt Ihr Motto beim Prämiensparen. Denn je länger Sie regelmäßig sparen, umso höher fällt die Prämie aus. Die erhalten Sie zusätzlich zu den Zinsen. Und trotzdem bleiben Sie mit dieser Anlage ganz flexibel. Sie kommen immer an Ihr Geld ran, wenn Sie es benötigen.“
Die erste Prämie wurde nach Ende des 3. Sparjahrs fällig. Sie steigert sich auf bis zu 50 % des Sparbetrags mit Ablauf des 15. Jahres. Die Musterrechnung, die die Sparkasse zur Verfügung stellte, zeigte ein Rechenbeispiel über 25 Jahre.
Kündigung der Sparverträge nach 21 bzw. 13 Jahren / AGB uneindeutig
Unter Einhaltung einer Drei-Monats-Frist kündigte die Sparkasse die Verträge zum 1. April 2017 (Vertrag aus 1996) bzw. zum 13. November 2017 (Verträge aus 2004), hilfsweise zum nächstmöglichen Termin.
- Die einbezogenen Banken-AGB verhalten sich nicht eindeutig zum Kündigungsrecht der Sparkasse.
- Es heißt, dass sie „bei Vorliegen eines sachgerechten Grundes“ kündigen kann
- und dabei „den berechtigten Belangen des Kunden angemessen Rechnung tragen“ wird (Nr. 26 Abs.1 der AGB).
Bonusanreiz sperrt Kündigungsrecht vor Erreichen der höchsten Prämienstufe
Die Kunden hätten die Sparkasse gern komplett ohne Kündigungsrecht gesehen und versuchte den Gerichten eine vereinbarte Festlaufzeit von 25 Jahren darzulegen. Ohne Erfolg.
Der BGH sieht die Sache wie folgt:
Die Sparverträge seien aufgrund der vereinbarten Prämienstaffel und der weiteren vertraglichen Bestimmungen dahin zu verstehen, dass der Kunde ganz allein bestimmen kann, ob er bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe sparen will.
Die Sparkasse hätte mit der vereinbarten Prämienstaffel einen besonderen Bonusanreiz gesetzt. Dieser Bonusanreiz habe einen konkludenten Ausschluss des Kündigungsrechts bis zum Ablauf des 15. Sparjahres bedingt, weil die Sparkasse den Kunden ansonsten jederzeit die Sparprämien entziehen könnte.
Nach dem 15. Sparjahr läuft der Vertrag weiter, aber ab diesem Zeitpunkt eröffnet sich die Kündigungsmöglichkeit der Sparkasse, bei der sie eine 3-monatige Auslauffrist beachten muss.
Rechenbeispiel über 25 Jahre: nur eine Muster, keine zeitliche Zusage
Das Rechenbeispiel über 25 Jahre ist nur eine Musterrechnung, keine Zusage für eine 25-jährige Laufzeit. Für die Sparverträge aus 2004 kam die Kündigung der Sparkasse verfrüht.
(BGH, Urteil v. 14.5.2019, XI ZR 345/18).
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Hintergrund:
Die Europäische Zentralbank (EZB) flutet die Märkte mit frischem Geld, das Zinsniveau ist am Boden, die Sparer stöhnen. Nicht so einige Sparer mit alten Verträgen - über diese stöhnen die Banken und versuchen sie loszuwerden.
Das führt immer wieder zu Kündigungen alter Sparverträge wegen zu hoher Sparzinsen. Die Rechtsprechung zum Kündigungsrecht ist uneinheitlich und wirft immer neue Varianten und Facetten zu dem Rechtsproblem auf.
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