Wen verklagt man bei Unrichtigkeit der GmbH-Gesellschafterliste?
Hintergrund
Die Klägerin war ursprünglich Gesellschafterin der Beklagten, einer GmbH. Die Klägerin übertrug ihre Geschäftsanteile unter der Bedingung der Vorlage einer vorformulierten Bürgschaftserklärung an einen Dritten. Nach vermeintlicher Erfüllung dieser Bedingung wurde vom beurkundenden Notar eine korrigierte Gesellschafterliste beim Handelsregister eingereicht, die den Dritten als neuen, alleinigen Gesellschafter der Beklagten auswies. Aufgrund einer erst nachträglich entdeckten Abweichung der vorgelegten zur vorformulierten Bürgschaftserklärung war die Klägerin jedoch in der Folgezeit der Auffassung, dass die Bedingung für die Übertragung ihrer Geschäftsanteile nicht eingetreten und sie daher noch Gesellschafterin der Beklagten sei.
Nachdem der Dritte aber eine „richtige“, vorformulierte Bürgschaftserklärung vorgelegt hatte, war der Rechtsstreit erledigt. Das Gericht verurteilte die Klägerin aber zur Tragung der Kosten des Verfahrens. Es begründete die Kostenentscheidung damit, dass die Gesellschaft nicht die richtige Beklagte gewesen sei, weshalb die Klage – wenn sie nicht für erledigt erklärt worden wäre – hätte abgewiesen werden müssen. Zudem hätte die Klägerin vor Klageerhebung gegen die Gesellschaft zunächst einen Rechtsstreit gegen den Dritten als Erwerber der Anteile führen müssen. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der sofortigen Beschwerde.
Der Beschluss des KG Berlin vom 10.07.2019, 2 W 16/19
Das für das Beschwerdeverfahren zuständige KG Berlin hob die Kostenentscheidung auf. Die Gesellschaft sei die richtige Beklagte gewesen.
Eine vorherige Klärung des Streits um die Inhaberschaft der Geschäftsanteile zwischen der Klägerin und dem Erwerber der Anteile sei gesetzlich nicht erforderlich. Auch ein klageweises Vorgehen gegen ein Organ der Gesellschaft, beispielsweise den Geschäftsführer, stehe im Widerspruch zum mitgliedschaftlichen Verhältnis in einer GmbH. Das mitgliedschaftliche Verhältnis bestehe ausschließlich zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft, und aus diesem Verhältnis heraus ergebe sich der Anspruch auf Korrektur der Gesellschafterliste.
Anmerkung
Die zum Handelsregister einzureichende Gesellschafterliste ist von essenzieller Bedeutung für die Frage, wer in einer GmbH Gesellschafterrechte ausüben darf. So gilt gegenüber der Gesellschaft nur derjenige als Gesellschafter, der als solcher in der Gesellschafterliste aufgeführt wird (sog. Legitimationswirkung der Gesellschafterliste, § 16 Abs. 1 GmbHG). Auch Dritte können sich beim Erwerb von Anteilen seit 2008 unter gewissen Voraussetzungen darauf verlassen, dass sie GmbH-Anteile vom eingetragenen Gesellschafter als Verfügungsberechtigtem erwerben (§ 16 Abs. 3 GmbHG, gutgläubiger Erwerb).
Dem zu Unrecht nicht (mehr) eingetragenen Gesellschafter stehen primär zwei Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung: Zum einen kann er die Zuordnung eines Widerspruchs zur unrichtigen Gesellschafterliste im Handelsregister verlangen. Dieser ist fortan für jedermann bei Abrufen der Gesellschafterliste einsehbar. Der Widerspruch schützt den benachteiligten Gesellschafter zum Beispiel vor einem gutgläubigen (d.h. wirksamen) Erwerb „seines“ Anteils durch einen Dritten vom „falschen“ eingetragenen Gesellschafter.
Ein solcher Widerspruch gibt dem benachteiligten Gesellschafter allerdings nicht seine Gesellschafterrechte zurück. Dies kann durch die Klage auf Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste erreicht werden. Nach dem KG Berlin ist richtiger Klagegegner für eine solche Klage immer die Gesellschaft selbst und beispielsweise nicht deren Geschäftsführer. Dies ist folgerichtig, da (neben dem jeweils beteiligten Notar) der Geschäftsführer zwar die Pflicht zur Einreichung einer Gesellschafterliste hat, er diese Pflicht aber allein in seiner Eigenschaft als Gesellschaftsorgan für die Gesellschaft wahrnimmt. Dass eine Klage auf Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste nicht zuerst gegen den begünstigten, „falschen“ Gesellschafter zu richten ist, entspricht hierbei nicht nur dem Gebot der Prozessökonomie, sondern ergibt sich auch aus einer Parallele zum Aktienrecht, wo die Klagemöglichkeit gegen die Gesellschaft explizit geregelt ist (§ 67 Abs. 2 AktG). Je nach Fallgestaltung und Interessenlage kann es sich aber anbieten, den eingetragenen Gesellschafter etwa im Wege der Streitverkündung in den Prozess einzubeziehen; er kann aber auch als Nebenintervenient beitreten. Ungeklärt ist in diesem Kontext, ob der eingetragene Gesellschafter – sofern ihm nicht „aktiv“ der Streit verkündet wird – Anspruch darauf hat, von der Gesellschaft über den Prozess frühzeitig informiert zu werden, um dann die Möglichkeit der Nebenintervention wahrnehmen zu können. Ein solcher Informationsanspruch zugunsten des eingetragenen Gesellschafters könnte sich aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ergeben.
Unabhängig davon zeigt der Fall, dass auf die Formulierung der Bedingungen in Anteilskaufverträgen (und die Prüfung deren Eintritts) erhebliche Sorgfalt zu verwenden ist.
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