Kommanditisten: Haftung für Insolvenzforderungen

Kommanditisten können ihre Haftung gegenüber Gläubiger der KG durch die vollständige Leistung und Erhaltung der sog. „Haftsumme“ ausschließen. Wird diese Haftsumme unterschritten, z.B. weil die Einlage nicht vollständig gezahlt oder später zurückgezahlt wurde, trägt der Kommanditist die Beweislast dafür, dass seine Inanspruchnahme zur Befriedigung der Gläubiger der KG nicht mehr erforderlich ist. Dabei haftet der Kommanditist auch für zur Insolvenztabelle festgestellte Forderungen gegen die KG.

Die Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle hat für den Insolvenzverwalter, den Gläubiger als auch den Schuldner die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils. Damit kann auch der Kommanditist Einwendungen der KG, die dieser mit der Feststellung der Forderung abgesprochen wurden, nicht mehr geltend machen. Ferner steht dem Kommanditisten kein Widerspruchsrecht gegen die angemeldete Forderung zu. 

Der Hintergrund des Urteils

Der Kläger war als Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH & Co. KG (nachfolgend „Gesellschaft“), bestellt, an der sich der beklagte Kommanditist mit einem Kommanditanteil von 40.000,00 EUR beteiligt hatte. Der Beklagte hatte zuvor von der Gesellschaft eine Liquiditätsausschüttung in Höhe von 8.000 EUR in Form eines Darlehens erhalten. Das Darlehen wurde von dem Insolvenzverwalter wirksam gekündigt und die Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet und festgestellt.

Der Insolvenzverwalter verlangte von dem Beklagten Rückzahlung des Darlehens in Höhe von 8.000 EUR. Der Beklagte bestritt die eigene Haftung und die zur Insolvenztabelle festgestellte Forderung. Die Klage hatte Erfolg. Hiergegen richtete sich die Berufung des Beklagten.

Das Urteil des OLG München vom 26.04.2018 – 23 U 1542/17

Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das OLG München hat festgestellt, dass der Beklagte zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet ist.

Der Beklagte könne als Kommanditist durch vollständige Leistung seiner Haftsumme zwar grundsätzlich seine Haftung ausschließen. Sobald die Haftsumme jedoch reduziert wird, lebe die Kommanditistenhaftung wieder auf. Aufgrund der vorliegenden Liquiditätsausschüttung der Gesellschaft zu Gunsten des Beklagten habe zumindest eine Haftungsunterdeckung in Höhe von 8.000 EUR bestanden. Bis zu dieser Höhe hafte der Beklagte daher auch gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft. Dies gelte nur dann nicht, wenn der Beklagte darlegen und beweisen könne, dass seine Inanspruchnahme für die Befriedigung der Gläubigerforderungen nicht benötigt werde. Dieser Beweis sei dem Beklagten nicht gelungen.

Der Beklagte hafte daher auch für die widerspruchslos zur Insolvenztabelle festgestellte Forderung gegen die Gesellschaft. Da die widerspruchslose Feststellung der Forderung gegen die Gesellschaft die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils habe, könnten die Einwendungen der Gesellschaft, die dieser aufgrund der Rechtskraftwirkung abgesprochen wurden, auch nicht mehr durch den Beklagten geltend gemacht werden. Ein rechtskräftiges Urteil gegenüber der Gesellschaft nehme auch dem Kommanditisten die Einwendungen, die der Gesellschaft abgesprochen wurden (§§ 161 Abs. 2, 171, 172 Abs. 4 HGB). Eine einschränkende Auslegung dieses Grundsatzes sei auch nicht zu Gunsten des Kommanditisten in der Insolvenz der Gesellschaft geboten. Dies ergebe sich auch aus einem Vergleich zwischen  der Stellung eines Kommanditisten und dem Gesellschafter einer OHG. Während der Kommanditist in der KG als nicht persönlich haftender Gesellschafter seine Haftung durch Leistung der vollständigen Einlage ausschließen kann, haftet der OHG-Gesellschafter persönlich und unbeschränkt gegenüber den Gläubigern der OHG. Bestreite ein OHG-Gesellschafter eine angemeldete Forderung im Prüfungstermin, so verhindere dies die Rechtskraftwirkung der Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle. Aufgrund der unterschiedlichen Ausgestaltung der Gesellschafterformen sei dies aber gerade nicht auf den Kommanditisten übertragbar. Die Kommanditisten seien von der Führung der Geschäfte ausgeschlossen und müssen vom vertretungsberechtigten Gesellschafter eingegangene Verpflichtungen und auch dessen Prozessführung hinnehmen. Dementsprechend stünde auch das Widerspruchsrecht gegen die angemeldete Forderung allein der Gesellschaft und nicht dem Kommanditisten selbst zu.

Die Auswirkungen des Urteils in der Praxis

Das Urteil des OLG München zeigt, welche Folgen mit der Stellung als Kommanditist verbunden sind. Zwar genießt der Kommanditist den Vorzug einer Haftungsbegrenzung, ist jedoch zugleich von der Führung der Geschäfte und den damit verbundenen Rechten ausgeschlossen. Im Insolvenzverfahren besteht für den Kommanditisten nur die Möglichkeit, auf einen Widerspruch des vertretungsberechtigten Gesellschafters oder des Insolvenzverwalters vor der Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle hinzuwirken und sich über den Verfahrensstand und die Forderungen laufend zu informieren.

Rechtsanwalt Dr. Hendrik Thies und Rechtsanwältin Dr. Meike Kapp-Schwoerer, Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Freiburg

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Schlagworte zum Thema:  Insolvenz, Kommanditist