Rückzahlungsansprüche gegen Aufsichtsratsmitglieder
Hintergrund
Der Beklagte war von 2004 bis Juni 2006 Vorstandsvorsitzender der Klägerin. Mit Vertrag vom 08.06.2006 vereinbarten die Klägerin und der Beklagte, dass der Beklagte zum 30.06.2006 sein Amt als Vorstandsvorsitzender niederlegen und gleichzeitig in den Aufsichtsrat als Vorsitzender eintreten werde. Der Vertrag sah ebenfalls vor, dass der Beklagte für den befristeten Zeitraum vom 01.07.2006 bis 30.09.2007 eine monatliche Vergütung von EUR 16.665,00 für seine Tätigkeit als Generalbevollmächtigter, einen Dienstwagen sowie eine Einmalzahlung von EUR 100.000,00 erhalten sollte.
Darüber hinaus erbrachte der Beklagte über die N AG, deren Vorstandsvorsitzender der Beklagte war, Beratungsleistungen gegenüber der Klägerin. Diese rechnete die N AG gegenüber der Klägerin in Höhe von insgesamt EUR 61.399,23 ab.
Die Klägerin verlangte nun von dem Beklagten die Rückzahlung der monatlichen Vergütung sowie der Einmalzahlung, die Erstattung des geldwerten Vorteils für den Dienstwagen und die Rückzahlung der an die N AG gezahlten Beratungsvergütung.
Das Urteil des OLG Hamm vom 04.03.2020 , Az. 8 U 32/19
Das OLG Hamm hat der Klage stattgegeben. Dies hat es damit begründet, dass der Vertrag vom 08.06.2006 gemäß §§ 113, 114 Abs. 1 AktG unwirksam sei. Denn bei Abschluss eines Dienstvertrags mit einem Aufsichtsratsmitglied bedarf es eines Aufsichtsratsbeschlusses und dieser fehle vorliegend. Dies gelte auch, obwohl der Beklagte zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht Aufsichtsratsmitglied war. Auch in Bezug auf die an die N AG geleisteten Zahlungen für Beratungsleistung sei der Beklagte zur Erstattung verpflichtet, denn der Beklagte war zu dem Zeitpunkt Vorstandsvorsitzender der N AG. § 114 AktG sei auch dann anzuwenden, wenn ein Vertrag mit einer anderen Gesellschaft abgeschlossen werde, deren gesetzlicher Vertreter das Aufsichtsratsmitglied ist.
Anmerkung
Schließt eine Aktiengesellschaft (AG) einen nicht arbeitsrechtlichen Dienst- oder Werkvertrag mit einem ihrer Aufsichtsratsmitglieder ab, bedarf es regelmäßig der Zustimmung des Aufsichtsrats durch Beschluss. Dies gilt auch dann, wenn die Person bei Vertragsschluss noch gar kein Aufsichtsratsmitglied war. In diesem Fall ist aufgrund des Eintritts in den Aufsichtsrat die Zustimmung des gesamten Aufsichtsrats einzuholen. Dies kann sowohl im Vorfeld als auch im Nachgang erfolgen, so dass ein zunächst schwebend unwirksamer Vertrag wirksam wird. Kommt es jedoch gar nicht hierzu, bleibt der Vertrag für die Dauer der Amtszeit unwirksam. Denn die Regelung dient der Transparenz und soll verhindern, dass der Vorstand über eine erhöhte Vergütung Einfluss auf ein Aufsichtsratsmitglied ausüben kann.
Um diesen Zweck zu erreichen, gilt die Regelung auch, wenn der Dienstvertrag nicht direkt mit dem Aufsichtsratsmitglied abgeschlossen wird, sondern mit einer weiteren Gesellschaft, die entweder vom Aufsichtsratsmitglied beherrscht wird oder deren gesetzlicher Vertreter das Aufsichtsratsmitglied ist.
Fehlt ein solcher Aufsichtsratsbeschluss, sind die erhaltenen Leistungen vom Aufsichtsratsmitglied an die AG zurückzuzahlen und zwar unabhängig davon, ob das Aufsichtsratsmitglied die Zahlungen selbst erhalten hat oder nicht.
Als Aufsichtsratsmitglied sollte man daher bei Abschluss von Dienst- oder Werkverträgen mit der AG auf die Einholung der Zustimmung des gesamten Aufsichtsrats bestehen. Dabei sind nicht nur die formellen Anforderungen an die Beschlussfassung einzuhalten, sondern auch auf eine hinreichende Konkretisierung zu achten. Die Zustimmung nur Abschluss von Rahmenverträge reicht z.B. für den Abschluss konkreter Aufträge und deren Vergütung nicht aus; hier bedarf es weiterer Zustimmungsbeschlüsse.
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