Die Koalitionäre haben sich deshalb darauf verständigt, die Rentenansprüche von Erwerbsgeminderten spürbar zu verbessern.
Was ist geplant?
Menschen mit verminderter Erwerbsfähigkeit sollen besser abgesichert werden. Diejenigen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erwerbstätig sein können, sind auf die Solidarität der Versichertengemeinschaft angewiesen.
Im Gegensatz zur Privatwirtschaft ist beim Erwerbsminderungsschutz der gesetzlichen Rentenversicherung eine Gesundheitsprüfung nicht erforderlich und die Beiträge sind nicht risikoabhängig.
Im Koalitionsvertrag sind 2 Maßnahmen für einen verbesserten Erwerbsminderungsschutz vorgesehen:
• zum einen soll die sog. Zurechnungszeit bei der Erwerbsminderungsrente um 2 Jahre angehoben werden;
• zum anderen soll für die letzten 4 Jahre vor dem Eintritt der Erwerbsminderung eine Günstigerprüfung stattfinden.
Beide Maßnahmen sollen voraussichtlich zum 1.7.2014 umgesetzt werden. Was bedeuten die Verbesserungen im Detail?
Verlängerung der Zurechnungszeit
Wer krank ist, nicht mehr arbeiten kann und vorzeitig in Erwerbsminderungsrente gehen muss, bekommt aktuell eine Rente, als hätte er bis zum vollendeten 60. Lebensjahr gearbeitet.
Die Differenz zwischen dem Eintritt in die Erwerbsminderungsrente - also dem Zugangsalter - und dem Alter 60 ist die sog. Zurechnungszeit. Die Zurechnungszeit bei Erwerbsminderungsrenten soll von heute 60 auf 62 Jahre angehoben werden. Erwerbsgeminderte würden dann so gestellt, als ob sie mit dem bisherigen durchschnittlichen Einkommen 2 Jahre länger als bisher weiter gearbeitet hätten.
Die Anhebung der Zurechnungszeit soll für Hinterbliebenenrenten gelten. |
Es ist davon auszugehen, dass die Verlängerung in einem Schritt erfolgen wird. Profitieren würden alle Versicherten, deren Erwerbsminderungsrente vor dem Alter von 62 Jahren beginnt. Nach den Statistiken der Deutschen Rentenversicherung zum Rentenzugang waren dies im Jahr 2012 mit nahezu 172.000 Personen rund 96 % aller Zugänge in Erwerbsminderungsrenten.
Die Auswirkung einer Verlängerung der Zurechnungszeit auf die Höhe einer Erwerbsminderungsrente ist insbesondere davon abhängig,
• in welchem Alter die versicherte Erwerbsbiografie beginnt,
• in welchem Alter die Erwerbsminderung eintritt und
• welche Summe an Entgeltpunkten nach geltendem Recht erreicht worden ist.
Beispiel |
Günstigerprüfung
Neben der Länge der Zurechnungszeit ist für die Höhe der Erwerbsminderungsrente auch entscheidend, wie diese Zurechnungszeit bewertet wird, d. h., auf welchem Weg also der Verdienst ermittelt wird, der für die Zurechnungszeit fortgeschrieben wird.
Betrachtung der letzten 4 Jahre
Bislang wird die Zurechnungszeit auf Grundlage des Durchschnittsverdienstes während des gesamten Erwerbslebens bis zum Eintritt der Erwerbsminderung bewertet. Künftig wird geprüft, ob die letzten 4 Jahre bis zum Eintritt der Erwerbsminderung diese Bewertung ggf. negativ beeinflussen. Denn oft tritt die tatsächliche Erwerbsminderung nicht von heute auf morgen ein, wie es bspw. bei einem Unfall der Fall wäre. Vielmehr kommt die Einschränkung schrittweise und schmälert das Einkommen z. B. durch den Wegfall von Überstunden, den Wechsel in Teilzeit oder Phasen der Krankheit.
Mindern die letzten 4 Jahre bis zum Eintritt der Erwerbsminderung in solcher oder anderer Art die Ansprüche, sollen sie aus der Berechnung herausfallen. Ist diese Zeit hingegen ohne Einbrüche verlaufen und tritt die Erwerbsminderung plötzlich ein, dann zählen sie voll mit. Die Rentenversicherung soll hier in Zukunft eine Günstigerprüfung durchführen.
Geltungsbereich: Rentenzugang ab 1.7.2014
Wichtig ist allerdings Folgendes: Wie im Rentenrecht üblich, ist davon auszugehen, dass sich der Gesetzgeber dazu entschließen wird, nur den Rentenzugang ab 1.7. 2014 von den Leistungsverbesserungen profitieren zu lassen. Dies bedeutet, dass Menschen, die bereits vorher eine Erwerbsminderungsrente in Anspruch nehmen mussten, hiervon ausgeschlossen wären.