EU: Besteht Anspruch auf Rentenbescheid in Landessprache

Wer im EU-Ausland lebt und sich als europäischer Wanderarbeitnehmer einen Rentenanspruch in Deutschland erarbeitet hat, ist selbst dafür verantwortlich, sich über seine Pflichten in einem deutschsprachigen Rentenbescheid zu informieren. Er kann sich nicht darauf berufen, der deutschen Sprache nicht mächtig zu sein.

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat entschieden, dass ein Versicherter, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, sich durch Hinzuziehung einer ausreichend sprachkundigen Person (z.B. Dolmetscher) hinreichende Klarheit über den Inhalt eines Bescheids verschaffen muss. Ein deutscher Rentenversicherungsträger ist nicht verpflichtet, einen gesamten Rentenbescheid übersetzen zu lassen. 

Europäische Koordinierung nationaler Sozialrechtssysteme – Sicherung von Verfahrensrechten

Das gilt auch bei einer Bescheidung eines im Ausland lebenden Versicherten, der nicht der deutschen Sprache mächtig ist. Die im Koordinierungsrecht der europäischen Sozialrechtssysteme heranzuziehenden Durchführungsverordnungen regeln insoweit nur Verfahrensrechte und sichern nur die rechtzeitige Antragstellung. Diese Regelungen nehmen aber keinen Einfluss auf die aus dem Sozialrechtsverhältnis fließenden materiell-rechtlichen Informations- und Mitteilungspflichten eines jeden Versicherten. Das Sozialrechtsverhältnis verpflichtet insoweit jeden Beteiligten, sich gegenseitig vor vermeidbarem, das Versicherungsverhältnis betreffenden Schaden zu bewahren. Die Pflicht eines Rentenversicherungsträgers bei einer Bescheidung eines im Ausland lebenden Versicherten erschöpft sich daher zur Sicherstellung dessen Verfahrensrechte auch nach dem europäischen Koordinierungsrecht darin, dem Betroffenen die Rechtsmittelbelehrung in seiner Sprache zugehen zu lassen.

Pflichten eines Versicherten

Versäumt es ein Versicherter daher, sich über seine Pflichten durch Einschaltung eines Dolmetschers oder einer anderen sprachkundigen Person zu informieren, so handelt der Versicherter regelmäßig grob fahrlässig und kann sich gegen die Rückforderung einer ihm gewährten deutschen Rente nicht mit dem Hinweise zur Wehr setzen, die ihn treffenden Mitteilungspflichten seien nicht in seiner Muttersprache verfasst.

Der zugrunde liegende Fall

Im konkreten Fall bezog der im EU-Ausland lebende Versicherte neben der Rente aus Deutschland über Jahre hinweg auch eine spanische und eine schweizerische Invalidenrente, die er in Deutschland nicht angegeben hatte. Diese ausländischen Renten sind in Deutschland rentenschädlich. Entsprechende Mitteilungspflichten aus dem ursprünglichen Rentenbescheid hatte der Versicherte ignoriert, was ihm nun der Rentenversicherungsträger zurecht entgegenhielt, obwohl die Mitteilungspflichten nicht in die Muttersprache des Versicherten übersetzt waren.

Hinweis: LSG NRW, Beschluss v. 10.5.2021, L 14 R 382/20.
 

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