GPS-Uhr mit Alarmfunktion als Kassenleistung

Wann muss eine Krankenkasse, für eine Person mit geistiger Behinderung, die Kosten für die Anschaffung einer fixierbaren GPS-Uhr mit Alarmfunktion als Hilfsmittel übernehmen? Diese Frage hatte das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen zu beantworten.

Zugrunde lag der Fall eines 19-jährigen Mannes aus der Nähe von Bremen. Er leidet an einem Down-Syndrom mit geistiger Behinderung und Weglauftendenz.

GPS-Notfalluhr mit Alarm bei Krankenkasse beantragt

Sein behandelnder Arzt beantragte bei der Krankenkasse eine GPS-Notfalluhr, die Alarm auslöst sobald er einen definierten Aufenthaltsbereich verlässt. Die Uhr sei erforderlich, da er sich durch Orientierungslosigkeit selbst gefährde und in der Tagesförderungsstätte nicht ständig beaufsichtigt werden könne. Herkömmliche Notrufsysteme habe er bislang eigenständig entfernt; dieses Gerät könne jedoch an seinem Handgelenk fixiert werden.

Krankenkasse lehnt beantragtes Hilfsmittel ab

Die Krankenkasse hielt die Uhr für kein Mittel des Behinderungsausgleichs. Nach ihrer Ansicht seien Mechanismen wie abgeschlossene Türen und ständige Begleitung vorrangig. Das Gerät erleichtere auch nicht die Pflege, sondern diene der Patientenüberwachung.

LSG: Gesellschaftliche Teilhabe im Vordergrund

Das LSG hat der Klage stattgegeben und das Gerät als spezielles Hilfsmittel für Behinderte bewertet. Dabei hat es sich maßgeblich auf den neuen Behinderungsbegriff gestützt, der das Ziel der gesellschaftlichen Teilhabe in den Vordergrund rückt. Durch das Gerät könnten die Folgen der geistigen Behinderung abgemildert werden indem Mobilität und Bewegungsfreiheit überhaupt erst ermöglicht würden.

GPS-Überwachung reduziert Isolation

Anders als bei geistig gesunden Menschen sei in dieser Konstellation gerade keine Freiheitsentziehung zu sehen. Denn die Selbstbestimmung der räumlichen Freiheit sei zwar durch die digitale Überwachung eingeschränkt, jedoch erlaube es die Ortungsfunktion des GPS-Systems überhaupt erst einen gewissen Bewegungsradius zu eröffnen, der ohne Ausrüstung mit einem GPS-System verwehrt sei. Unter den gegebenen Umständen führe die am Handgelenk fixierte GPS-Überwachung zu einer Reduzierung der bestehenden Isolation und Freiheitsentziehung durch Wegsperren.

Hinweis: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 17.9.2019, L 16 KR 182/18

Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat der Senat die Revision zugelassen. 

LSG Niedersachsen-Bremen

Schlagworte zum Thema:  Gesetzliche Krankenversicherung, Hilfsmittel