Entscheidungsstichwort (Thema)

Übergang von Arbeitsverhältnissen nach §§ 6c Abs. 1 SGB II

 

Leitsatz (amtlich)

Einem Übergang eines Arbeitsverhältnis von der Bundesagentur für Arbeit auf einen zugelassenen Kommunalen Träger (Optionskommune) nach §§ 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II steht nicht entgegen, wenn der vormals bei der Bundesagentur für Arbeit im Rechtskreis des SGB II tätige Arbeitnehmer zum Übergangsstichtag oder in den 24 Monaten vor dem Übergangsstichtag wegen einer Abordnung zu einer anderen Dienststelle im Rechtskreis des SGB II nicht im Gebiet des künftigen Kommunalen Trägers tatsächlich tätig war, wenn er wenigstens weiterhin der im Gebiet des zugelassenen Kommunalen Trägers gelegenen vormaligen Arbeitsgemeinschaft oder Agentur für Arbeit mit getrennter Aufgabenwahrnehmung im Rechtskreis des SGB II zugewiesen blieb.

 

Nachgehend

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 08.10.2012; Aktenzeichen 1 Sa 22/12)

 

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien seit 01.01.2012 ein Arbeitsverhältnis besteht.

2. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin als Firmenberaterin im Kommunalen Jobcenter zu beschäftigen oder der Klägerin eine der Tarifgruppe IV/4 TV-BA entsprechende gleichwertige Tätigkeit zu übertragen und die Klägerin entsprechend zu beschäftigen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

5. Der Streitwert wird auf 8.556,00 EUR festgesetzt.

6. Die Berufung wird für den Beklagten zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ab 01.01.2012 aufgrund der Regelung des § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II ein Arbeitsverhältnis begründet wurde, sowie hilfsweise über Beschäftigung.

Die Klägerin wurde mit Wirkung ab 01.04.2003 eingestellt von der Bundesagentur für Arbeit. Die Klägerin wurde von der Agentur für Arbeit L ab 2005 der ARGE Arbeitslosengeld II Landkreis L zugewiesen. Die ARGE wurde als gemeinsame Einrichtung der Agentur für Arbeit und des Beklagten betrieben. Die Klägerin wurde zuletzt eingesetzt als Firmenberaterin. Sie war eingruppiert in die Tarifgruppe IV/4 TV-BA und verdiente zuletzt monatlich 2.139,00 EUR brutto.

Der beklagte Landkreis wurde vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit Wirkung ab 01.01.2012 als Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II zugelassen und nimmt somit als sogenannte Optionskommune Grundsicherungsaufgaben ab diesem Zeitpunkt in alleiniger Trägerschaft wahr.

Mit Schreiben der Agentur für Arbeit S – Interner Service S – vom 25.10.2011 (Blatt 43 der Akte) wurde die Klägerin mit Wirkung ab 02.11.2011 befristet bis 31.01.2012 zur Agentur für Arbeit M (Jobcenter M) abgeordnet. Die Klägerin trat ihre Tätigkeit in M an.

Schon bereits im Jahre 2011 stellte die Klägerin gegenüber der Bundesagentur für Arbeit einen Versetzungsantrag mit Versetzungswunsch nach M.

Mit Schreiben vom 13.12.2011 (Blatt 45 der Akte) unterrichtete der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit L die Klägerin darüber, dass ihr Arbeitsverhältnis wegen der Zulassung des Beklagten als Kommunaler Träger der Grundsicherung ab 01.01.2012 auf den Beklagten übergehe.

Die Klägerin, die auch im Januar 2012 noch im Jobcenter M tätig war, erreichte sodann ein Schreiben der Agentur für Arbeit S – Interner Service S – vom 19.01.2012 (Blatt 46 der Akte), mit dem sie mit Wirkung ab 01.02.2012 zur Agentur für Arbeit M (Jobcenter M) versetzt wurde.

Die Klägerin wies die Versetzung gegenüber der Bundesagentur für Arbeit mit Schreiben vom 30.01.2012 (Blatt 47 bis 49 der Akte) zurück mit der Begründung, dass das Arbeitsverhältnis bereits seit 01.01.2012 auf den Beklagten übergegangen sei. Mit weiterem Schreiben vom 30.01.2012 (Blatt 50 bis 51 der Akte) machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten einen Beschäftigungsanspruch ab 01.02.2012 geltend. Der Beklagte wies mit Schreiben vom 31.01.2012 einen Beschäftigungsanspruch der Klägerin zurück und vertrat die Auffassung, das Arbeitsverhältnis der Klägerin bestehe noch mit der Bundesagentur für Arbeit und sei nicht auf ihn übergegangen.

Die Klägerin meint, ihr Arbeitsverhältnis sei mit Wirkung ab 01.01.2012 gemäß § 6 c Abs. 1 Satz 1 SGB II auf den Beklagten übergegangen. Daran ändere auch die kurzzeitige Abordnung nach M nichts, da diese die Dienststellenzugehörigkeit zur ARGE Arbeitslosengeld II Landkreis L nicht geändert habe. Sie sei somit am Stichtag 31.12.2011, sowie 24 Monate zuvor mit Grundsicherungsaufgaben nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II betraut gewesen. Der Beklagte müsse sie deshalb als Firmenberaterin in ihrem Jobcenter beschäftigen, hilfsweise ihr zumindest tariflich gleichwertige Tätigkeiten übertragen.

Die Klägerin beantragt:

  1. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien seit dem 01.01.2012 ein Arbeitsverhältnis besteht.
  2. Hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit Klageantrag Ziffer 1: Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin als Firmenberaterin im Kommunalen Jobcenter des Landkreises L zu beschäftigen.
  3. Hilfsweise für den Fall des Obsieg...

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