Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzlicher Übergang des Arbeitsverhältnisses von der Bundesagentur für Arbeit auf eine sog. Optionskommune. Übergang des Arbeitsverhältnisses von der Bundesagentur für Arbeit auf Optionskommune bei kurzfristiger Abordnung an andere Dienststelle
Leitsatz (amtlich)
Einem Übergang des Arbeitsverhältnisses von der Bundesagentur für Arbeit auf eine sog. Optionskommune nach § 6c Abs. 1 S. 1 SGB II steht nicht entgegen, dass der in einem Jobcenter tätige Arbeitnehmer am Zulassungsstichtag oder während des 24-monatigen Bezugszeitraums nicht länger als drei Monate an eine andere Dienststelle der Bundesagentur für Arbeit abgeordnet war.
Normenkette
SGB II § 6c Abs. 1 S. 1; BPersVG § 75 Abs. 1 Nr. 4
Verfahrensgang
Tenor
1.
Die Berufung des beklagten Landkreises gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 02.05.2012 - 20 Ca 251/12 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziffer 2 des Tenors wie folgt gefasst wird:
Der beklagte Landkreis wird verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu den in § 6c Abs. 5 SGB II geregelten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
2.
Der beklagte Landkreis trägt die Kosten der Berufung und der Nebenintervention.
3.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen der Klägerin und der Bundesagentur für Arbeit begründete Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes auf den beklagten Landkreis übergegangen ist.
Die am 9. Juni 1974 geborene Klägerin war aufgrund eines Arbeitsvertrags vom 26. März 2003 seit 01.04.2003 bei der Bundesagentur für Arbeit beschäftigt. Ihr Bruttomonatsgehalt betrug zuletzt € 2.139,00. Die Klägerin wurde bei der Arbeitsagentur in L. eingesetzt. Seit Januar 2005 war sie dort mit den Aufgaben nach dem SGB II betraut.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2010 (ABl. 15) teilte die Bundesagentur für Arbeit der Klägerin mit, dass nach dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 allen Beschäftigten der Bundesagentur, die bis zum 31. Dezember 2010 Tätigkeiten in einer ARGE wahrgenommen hätten, mit Wirkung vom 1. Januar 2011 Tätigkeiten bei der gemeinsamen Einrichtung, die die Aufgaben weiterführe, zugewiesen würden. Die Klägerin erfülle die vom Gesetzgeber bestimmten Kriterien für die gesetzliche Zuweisung. Ihr werde deshalb ab 1. Januar 2011 für die Dauer von 5 Jahren ihre bisherige Tätigkeit in der gemeinsamen Einrichtung der Agentur für Arbeit L. und des Landkreises L. gesetzlich zugewiesen.
Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 eröffnete der Gesetzgeber durch die Neufassung von § 6a SGB II die Möglichkeit, die Zulassungen von kommunalen Trägern als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende anstelle der Bundesagentur für Arbeit zu verlängern und auf Antrag eine begrenzte Zahl weiterer kommunaler Träger durch Rechtsverordnung zuzulassen. Durch die 2. Verordnung zur Änderung der Kommunalträger-Zulassungsverordnung vom 14. April 2011 wurde der beklagte Landkreis mit Wirkung vom 1. Januar 2012 als kommunaler Träger zur alleinigen Wahrnehmung der Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende zugelassen. Im Hinblick darauf, dass nach § 6c Abs. 1 SGB II die Beschäftigten unter den im Gesetz bestimmten Voraussetzungen zum Zulassungsstichtag kraft Gesetzes in den Dienst des kommunalen Trägers übertreten, nahm der beklagte Landkreis bereits im April 2011 Kontakt mit der Bundesagentur für Arbeit auf, um den Kreis der übergehenden Beschäftigten zu ermitteln. Es wurde hierzu eine Liste erstellt, auf der sich auch die Klägerin befand. Die Liste umfasste 150 bis 160 Personen; sie wurde im Lauf des Jahres 2011 immer wieder geändert.
Am 16. September 2011 (ABl. 123 der Berufungsakte) stellte die Klägerin einen Antrag auf Versetzung/Umsetzung aus familiären und/oder gesundheitlichen Gründen an den Dienstort M.. Über diesen Antrag wurde, offenbar weil der Antrag vorübergehend nicht mehr auffindbar war, zunächst nicht entschieden.
Im weiteren Verlauf trat die Bundesagentur für Arbeit an die Klägerin heran, ob sie zu einer Abordnung an die Agentur für Arbeit M. (Jobcenter M.) bereit sei. Grund für diese Anfrage waren personalwirtschaftliche Gründe. In ihrem Einvernehmen ordnete die Bundesagentur für Arbeit die Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 25. Oktober 2011 (ABl. 16) für die Zeit vom 2. November 2011 bis 31. Januar 2012 an die Agentur für Arbeit M. (Jobcenter M.) ab.
Aufgrund der Abordnung der Klägerin entstand die Frage, ob diese künftig im Jobcenter L. einzusetzen sei. Die für die Personalangelegenheiten des Jobcenters zuständige Sachbearbeiterin des beklagten Landkreises, Frau S., sprach hierauf die Leiterin des Fachbereichs "Vermittlung" der gemeinsamen Einrichtung, Frau F., an. Diese verfügte allerdings über keine Informationen. Bei dieser Gelegenheit erfuhr Frau S., dass die Klägerin seit 2. ...