Entscheidungsstichwort (Thema)
Kinder- und Jugendhilfe. Hilfe zur Erziehung eines Kindes in Vollzeitpflege. Gewährung eines über dem monatlichen Pauschalbetrag liegenden Pflegegeldes. Anrechnung der Leistungen der sozialen Pflegeversicherung. Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 13. Mai 2004
Normenkette
SGB VIII §§ 27, 33, 39 Abs. 1, 4; SGB XI § 37 Abs. 1
Verfahrensgang
VG Regensburg (Urteil vom 13.05.2004; Aktenzeichen RO 8 K 03.2092) |
Tenor
I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 13. Mai 2004 wird die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt der Kläger. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob dem Vater der am 18. Februar 1993 geborenen Stephanie (St.) D. für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis 18. September 2003 ein erhöhtes Pflegegeld zuzuerkennen ist.
1. St. ist schwer behindert mit einem Grad von 100 und den Merkzeichen „G”, „H” und „B”. Sie unterfällt der Pflegestufe I. Seit 24. März 1997 leistet der Beklagte ihrem personensorgeberechtigten Vater, dem Kläger, Hilfe zur Erziehung gemäß § 33 SGB VIII in Form der Unterbringung in Vollzeitpflege bei den Eheleuten Z. Bis 31. Juli 2000 erhielten die Eheleute Z. pauschaliertes Pflegegeld in der jeweils geltenden Höhe. Mit Bescheid vom 30. November 2000 erkannte der Beklagte nach Würdigung des Pflegeaufwands ab 1. August 2000 einen Mehraufwand in Höhe von 30 % des pauschalierten Pflegegelds an.
Nachdem die Pflegeeltern im Januar 2003 einen erhöhten Mehraufwand geltend gemacht hatten, führte der Beklagte am 23. Januar 2003 einen Hausbesuch in der Pflegefamilie durch und schrieb den Hilfeplan fort. Aus ihm ergibt sich, dass St. nach Angaben der Pflegemutter von Geburt an schwer krank ist. Seit 8 Jahren lebe sie in der Pflegefamilie. Ihre Lebensgeschichte sei von ständigen und schweren Operationen begleitet. Im August 2002 sei ihr an der Universität I. die Milz entfernt und teilweise rücktransplantiert worden. St.'s gesundheitlicher Zustand sei immer noch labil. Im letzten Schuljahr habe sie von Juli bis Oktober 2002 gefehlt, sie besuche jetzt das P.-R.-M.-Zentrum, wo es ihr gut gefalle. Ihre schulischen Leistungen seien gut. St. sei in den Unikliniken jeweils psychotherapeutisch begleitet worden. Ein entsprechendes aktuelles Therapieangebot der AOK werde angenommen werden. Aus der Herkunftsfamilie stehe nur eine 25 Jahre alte Schwester der Pflegefamilie zur Seite. Die Geschwister hätten den Tod der Mutter nicht verwunden. Der Vater sei für die Pflegeeltern meist eine zusätzliche Belastung gewesen, es fänden fast nie Kontakte mit ihm statt. Aufgrund des Hausbesuchs kam die Sozialpädagogin B. in der Stellungnahme vom 24. Januar 2003 zu dem Ergebnis, dass St. den Pflegeeltern in keiner Weise erzieherische Probleme bereite. Die gesundheitliche Situation fordere die Pflegeeltern in erhöhtem Maße, was durch die Pflegekasse abgedeckt sei. Durch ihre Krankheit sei St. extrem sensibel, durch die psychische Belastung seien die Pflegeeltern stärker gefordert als andere Pflegeeltern. In dem von B. erstellten Diagnostikbogen zur Bestimmung des Mehraufwands wurde ein Mehraufwand von 27 Punkten (richtig: 29) erreicht.
2. Am 11. Februar 2003 beantragten die Pflegeeltern für St. Leistungen für eine sonderpädagogische Vollzeitpflege mit besonderem Betreuungsaufwand in Höhe von 100 % des pauschalierten Pflegegeldes ab Januar 2003. Seit dem längeren Klinikaufenthalt im Herbst 2002 hätten sich die bereits bestehenden Phobien von St. deutlich verstärkt. Sie leide unter Schlafstörungen, Schlaflosigkeit, Angstzuständen, Albträumen und Enuresis nocturna. Der sonderpädagogische Pflegebedarf sei deutlich erhöht, so dass im Moment auch eine kinderpsychologische Betreuung habe beantragt werden müssen und ein Schulwechsel erforderlich geworden sei. Seit 27. Februar 2003 befinde sich St. in psychotherapeutischer Behandlung. Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 8. Mai 2003 den Antrag auf Leistungen für eine sonderpädagogische Vollzeitpflege mit besonderem Betreuungsaufwand um 100 % gemäß § 33 SGB VIII für St. ab 1. Januar 2003 ab. Gründe für den erzieherischen Betreuungsaufwand seien nicht dargelegt worden. Die Pflegeeltern könnten weder durch eine Fachausbildung noch in sonstiger geeigneter Weise die für eine sonderpädagogische Pflegestelle erforderliche Befähigung nachweisen. Die Problematik bei St. liege überwiegend im gesundheitlichen Bereich. Besondere Erziehungsschwierigkeiten seien nicht festgestellt worden. Die seelische Befindlichkeit von St., die sich aus der gesundheitlichen Situation ergebe, sei mit der Gewährung eines Mehraufwands von 30 % des maßgeblichen pauschalierten Pflegegelds angemessen berücksichtigt worden.
Hiergegen legten die Pflegeeltern Widerspruch ein, den die Regierung von O. mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2003 mangels Widerspruchsbefugnis ...