Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflegeversicherung. Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Die zum 1.1.2004 mit dem GKV-Modernisierungsgesetz - GMG vom 14.11.2003 (BGBl I 2003, 2190) eingeführte Beitragspflicht für Kapitalleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung gem § 229 Abs 1 S 3 SGB 5 idF vom 14.11.2003 verstößt nicht gegen das GG. Die Beitragsbemessung in der Pflegeversicherung richtet sich nach den beitragsrechtlichen Grundsätzen des Krankenversicherungsrechts.
Tatbestand
Streitig ist die Beitragshöhe in der gesetzlichen Pflegeversicherung.
Die ... 1944 geborene Klägerin war vom 01.01. bis 30.09.2004 bei der Beklagten wegen Leistungsbezugs nach dem Sozialgesetzbuch III und ist seit 01.10.2004 als Arbeitnehmerin pflichtversichert. Im Mai 1977 hatte der damalige Arbeitgeber der Klägerin für sie bei der Nürnberger Lebensversicherung AG eine Lebensversicherung abgeschlossen, die zum 01.05.2004 die Versicherung als Kapitalleistung einer betrieblichen Altersvorsorge (86.331,31 Euro) zahlte. Hiervon unterrichtete die Versicherungsgesellschaft am 21.07.2004 die Beklagte.
Mit Bescheid vom 26.07.2004 stellte die Beklagte fest, dass die Kapitalleistung der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung unterliege. Dabei gelte ein 1/120 der Kapitalleistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, wobei die Kapitalleistung auf zehn Jahre verteilt werde. Der Betrag zur Krankenversicherung belaufe sich monatlich ab 01.05.2004 auf 107,19 Euro und zur Pflegeversicherung auf 12,33 Euro (insgesamt 119,42 Euro). Für die Zeit vom 01.05.2004 bis 30.06.2004 ergebe sich ein Gesamtbetrag von 238,84 Euro, der binnen zweier Wochen zu zahlen sei. Die Klägerin legte hiergegen am 27.07.2004 Widerspruch ein; die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung seien bisher steuer- und abgabenfrei gewesen, ihr stehe deshalb Bestandsschutz zu.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2004 den Widerspruch zurück. Nach der ab 01.01.2004 geltenden gesetzlichen Neuregelung seien auch Kapitalleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung beitragspflichtig.
Die Klägerin hat hiergegen am 28.10.2004 beim Sozialgericht Bayreuth (SG) Klage erhoben, mit der sie wieder Bestandsschutz nach der früheren gesetzlichen Regelung fordert und die ungleiche Behandlung mit der Beitragsgestaltung in der privaten Krankenversicherung sowie Rentenversicherung rügt.
Das SG hat mit Urteil vom 24.01.2005 die Klage abgewiesen. Die der Klägerin ausgezahlten Versorgungsbezüge (Renten der betrieblichen Altersversorgung) seien für sie als Pflichtversicherte mit einem 1/120 der Leistung monatlich zu berücksichtigen. Für die Zeit ab 01.05.2004 unterliege der Versorgungsbezug der Klägerin für die Dauer von zehn Jahren der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung. Eine Aussetzung des Rechtsstreits und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht komme nicht in Betracht, das SG sei nicht von der Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Neuregelung überzeugt. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz bestehe in der Erweiterung der Beitragspflicht auf originäre Kapitalleistungen nicht, sie beseitige viel mehr Umgehungsmöglichkeiten bei der Beitragspflicht für Versorgungsbezüge. Eine Gleichstellung der Klägerin mit privat Versicherten sei nicht geboten; die private Versicherung beruhe auf anderen Prinzipien bei der Beitragsberechnung als die gesetzliche Krankenversicherung. Insgesamt liege eine Grundrechtsverletzung nicht vor. Die Klägerin könne auch nicht mit Recht Bestandsschutz beanspruchen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 23.02.2005 (L 4 KR 27/05), mit der sie zugleich die Aussetzung von Beitragszahlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung aus der Direktversicherung beantragt. Die gesetzliche Regelung verletze den Gleichheitssatz und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Senat hat mit Beschluss vom 21.07.2005 vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt (L 4 KR 92/05 ER). In der mündlichen Verhandlung am 08.09.2005 hat der Klägervertreter den Vorschlag des Senats abgelehnt, dass die Beteiligten sich hinsichtlich der Beitragsforderung zur Pflegeversicherung der zu treffenden Entscheidung in der Krankenversicherung unterwerfen. Daraufhin ist die Streitsache abgetrennt (Beschluss vom 08.09.2005) und an den damals noch für die Beiträge aus der Pflegeversicherung zuständigen 2. Senat abgegeben worden. Aufgrund einer Änderung der richterlichen Geschäftsverteilung ist der 4. Senat ab 01.01.2006 (wieder) für Beitragsangelegenheiten aus dem Recht der Pflegeversicherung zuständig. Die Beteiligten sind zur Entscheidung durch Beschluss gehört worden.
Die Klägerin stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 24.01.2005 und den Bescheid der Beklagten vom 26.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2004 aufzuheben, soweit er den Beitrag für die Pflegeversicherung betrifft.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzu...