Entscheidungsstichwort (Thema)
Absenkung des Arbeitslosengeld II. Verletzung der allgemeinen Meldepflicht. bezeichnende Stelle. Dienstzimmer des Sachbearbeiters
Leitsatz (amtlich)
Mit der alleinigen Vorsprache im Eingangsbereich des Dienstgebäudes des Antragsgegners, verbunden mit der Weigerung, das Dienstzimmer des zuständigen Sachbearbeiters aufzusuchen, erfüllt der Antragsteller seine Meldepflichten nicht.
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 9. Juni 2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe vom 21. Juni 2010 wird abgelehnt.
Gründe
I.
Gegenstand des Eilverfahrens ist der Antrag des Antragstellers (Ast) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 12.05.2010 gegen den Sanktionsbescheid vom 07.05.2010.
Der Ast bezieht seit dem 16.06.2005 von der Antragsgegnerin (Ag) laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Ag forderte den Ast mit Schreiben vom 09.02.2010 auf, am 23.02.2010 um 09.30 Uhr in ihrer Außenstelle A-Stadt in einem bestimmten Zimmer vorzusprechen. Es solle ein Gespräch über das Bewerberangebot bzw. über die berufliche Situation des Ast geführt werden. Dem Schreiben war eine Rechtsfolgenbelehrung beigefügt, es wurde am 16.02.2010 abgesandt.
Mit Schreiben vom 23.02.2010 teilte die Ag dem Ast mit, es komme ein Sanktionsbescheid in Betracht, weil er zu dem Meldetermin am 23.02.2010 nicht erschienen sei. Der Ast beantwortete dieses Schreiben nicht.
Mit Bescheid vom 07.05.2010 minderte die Ag das Arbeitslosengeld II des Ast für den Zeitraum 01.06.2010 bis 31.08.2010 um 80 % der Regelleistung. Es ergebe sich eine Absenkung in Höhe von monatlich 287,20 Euro. Zum Termin am 23.02.2010 sei der Ast ohne Angaben von Gründen nicht erschienen.
Gegen den Bescheid vom 07.05.2010 erhob der Ast am 12.05.2010 Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2010 zurückgewiesen wurde. Eine Klage gegen den Widerspruchsbescheid ist (noch) nicht anhängig.
Ebenfalls am 12.05.2010 stellte der Ast beim Sozialgericht Landshut - SG - Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Er habe am 23.02.2010 in der Außenstelle A-Stadt der Ag vorgesprochen. Der ihm genannte Ansprechpartner sei informiert worden.
Den Antrag des Ast auf einstweiligen Rechtsschutz lehnte das SG mit Beschluss vom 09.06.2010 ab. Hinsichtlich des Meldeversäumnisses am 23.02.2010 lägen die Voraussetzungen einer Sanktion nach § 31 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 SGB II vor. Indem der Ast sich geweigert habe, das Büro des ihm genannten Ansprechpartners zu betreten, habe er sich nicht bei der in der Aufforderung genannten Stelle gemeldet. Der Ast sei auch über die Rechtsfolgen belehrt worden und habe für die Pflichtverletzung keinen wichtigen Grund im Sinne von § 31 Abs. 2 SGB II nachgewiesen. Auch der Umfang der Absenkung sei nicht zu beanstanden, da die Ag zu Recht von einer siebten wiederholten - also insgesamt der achten zu berücksichtigenden - Pflichtverletzung im Sinne von § 31 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 SGB II ausgegangen sei. Auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde abgelehnt.
Hiergegen hat der Ast am 21.06.2010 Beschwerde beim Bayer. Landessozialgericht - LSG - eingelegt. Die wiederholte Sanktion um 80 % verstoße gegen das Grundgesetz. Mit dem verbleibenden Geld sei es ihm nicht möglich, ein menschenwürdiges Dasein zu führen. Gleichzeitig beantragte der Ast, ihm Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Die Ag verwies zur Erwiderung auf die Gründe des Beschlusses des Sozialgerichts Landshut.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.
II.
Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
Den Antrag des Ast auf Erlass einer "einstweiligen Verfügung" hat das SG richtigerweise als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG gegen den Bescheid vom 07.05.2010 ausgelegt. Hiernach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Vorliegend haben Widerspruch und Klage nach § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung. Dem Antrag steht - in Form fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses - nicht entgegen, dass die Ag am 23.07.2010 mit Widerspruchsbescheid den Widerspruch des Ast zurückgewiesen hat. Denn nach § 86 b Abs. 3 SGG ist ein Antrag nach § 86 b Abs. 1 SGG auch schon vor Klageerhebung zulässig; ausreichend ist die Einlegung des Widerspruchs (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Komm. zum SGG, Rdz. 8 a zu § 86 b). Denn es muss sichergestellt sein, dass die aufschiebende Wirkung ununterbrochen bis zur Rechtskraft gilt (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Komm. zum SGG, Rdz. 11 zu § 86 a).
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widersp...