Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Zulassung der Berufung. Anforderung an die Annahme eine grundsätzlichen Bedeutung als Zulassungsgrund bei der Absenkung von Grundsicherungsleistungen

 

Leitsatz (amtlich)

Auch nach der früheren Rechtslage war eine Absenkung der SGBII-Leistungen aufgrund eines Eingliederungsverwaltungsaktes möglich, insoweit ist keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 144 Absatz 2 SGG gegeben.

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt B., A-Stadt, wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Der Kläger und Beschwerdeführer (Bf) wendet sich gegen eine Absenkung seiner Leistungen nach dem SGG II um 30 % für die Zeit vom 01.01.2011 bis einschließlich 31.03.2011 in Höhe von 107,70 Euro monatlich.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (Bg) verhängte diese Sanktion mit Bescheid vom 06.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2011, dieser wiederum in Gestalt des Änderungsbescheides vom 26.03.2011, mit der Begründung, der Bf habe gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 29.10.2010 verstoßen, nachdem er an der Maßnahme "Orientierung im Handwerk" nicht teilgenommen habe. Wichtige Gründe für diesen Pflichtverstoß hätten nicht vorgelegen.

Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Landshut mit Urteil vom 23.10.2012 als unbegründet ab. Die Sanktion habe aufgrund des Eingliederungverwaltungsaktes ergehen dürfen. Nicht nur Verstöße gegen Eingliederungsvereinbarungen, sondern auch gegen Eingliederungsverwaltungsakte seien nach der damaligen Rechtslage mit Sanktionen zu ahnden gewesen. Insoweit habe eine planwidrige wesentliche Regelungslücke bestanden, die im Wege der Analogie geschlossen habe werden müssen. Die Berufung wurde im Urteil nicht zugelassen.

Hiergegen hat der Bf Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Dem Rechtsstreit käme grundsätzliche Bedeutung zu. Es sei zu klären, inwieweit die Sanktionsregelung aus § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c SGB II a.F. auch auf Sachverhalte Anwendung findet, in denen Grundlage nicht eine Eingliederungsvereinbarung sondern ein Eingliederungsverwaltungsakt gewesen sei. Außerdem liege Divergenz zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vor. Das Bundessozialgericht habe klar festgelegt, was welche Tatbestandsalternative des § 31 SGB II zu regeln vermag. Eine planwidrige Regelungslücke habe es nicht erkannt. Da bezüglich des streitgegenständlichen Zeitraums eine Abänderung des Bewilligungsbescheides mit Änderungsbescheid vom 06.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2011, dieser wiederum in Gestalt des Änderungsbescheides vom 26.03.2011 erfolgte, werde um richterlichen Hinweis gebeten, soweit das Landessozialgericht der Ansicht sein sollte, dass der eine oder andere Bescheid gemäß § 44 SGB X mittels Überprüfungsantrag vorher hätte überprüft werden müssen.

Der Bg hält die Beschwerde für unbegründet mangels Vorliegen von Zulassungsgründen.

II.

Die zulässige Beschwerde - sie ist insbesondere statthaft, nachdem der Beschwerdewert von 750,- Euro nicht erreicht ist, vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - ist nicht begründet.

Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Grundsätzliche Bedeutung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor.

Zum einen hat sich die Rechtslage seit 01.04.2011 dahingehend geändert, dass der Gesetzgeber klargestellt hat, dass auch bei einem Verstoß gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt die gleichen Rechtsfolgen eintreten wie bei einem Verstoß gegen eine Eingliederungsvereinbarung. Hierauf hat das SG in seinem Urteil zutreffend hingewiesen, ebenso darauf, dass nicht ersichtlich ist, dass noch über eine Vielzahl von Fällen aufgrund der alten Rechtslage zu entscheiden wäre.

Zum anderen hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 17.12.2009, Az.: B 4 AS 20/09 ER - anders als das Sozialgericht meint - bereits entschieden, dass nach der früheren Rechtslage auch aufgrund eines Eingliederungsverwaltungsaktes die gleichen Sanktionsmöglichkeiten wie bei einer Eingliederungsvereinbarung gegeben waren (BayLSG Beschluss vom 28.01.2013, Az.: L 7 AS 431/12 NZB). In diesem Urteil vom 17.12.2009, Az.: B 4 AS 20/09 R hat das Bundessozialgericht für die bis zum 31.03.2011 geltende Rechtslage zunächst geprüft, ob eine Absenkung aufgrund eines Pflichtverstoßes gegen eine Eingliederungsvereinbarung vorliegt. Dann hat das Bundessozialgericht weiter geprüft, ob die Absenkung rechtmäßig aufgrund eines Verwaltungsaktes gewesen wäre (Urteil Rz. 17) und ausgeführt: "Auch einen die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt (§ 15 Abs. 1 Satz 5 SGB II) hat die Beklagte nicht erteilt". Damit hat das Bundessozialgericht für die damalige Rechtslage entschieden, dass auch aufgrund eines Verwaltungsaktes Sanktionen nach dem damaligen § 31 SGB II möglich waren; a...

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