Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (amtlich)

Beschwerde gegen die Aufhebung der Bewilligung von PKH nach § 124 ZPO zulässig; sie erfordert eine Ermessensausübung.

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 14.09.2011 aufgehoben.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH).

Mit der am 31.03.2008 durch ihre Bevollmächtigte zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes begehrt. Diese Klage ist am 12.11.2010 von der Bevollmächtigten begründet worden und am 17.11.2010 hat die Klägerin die Bewilligung von PKH begehrt. Sie hat im Fragebogen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Frage nach einer Rechtsschutzversicherung oder anderen Person, die die Kosten der Prozessführung trage, verneint. Das SG hat der Klägerin mit Beschluss vom 29.11.2010 PKH ab Antragstellung bewilligt. In der nichtöffentlichen Sitzung vom 10.05.2011 haben die Parteien einen Vergleich geschlossen. Zugleich hat die Klägerin mitgeteilt, seit November 2010 Mitglied des VdK zu sein.

Nach Anhörung zur beabsichtigten Aufhebung der Bewilligung von PKH hat die Klägerin angegeben sie sei seit 01.11.2010 Mitglied beim VdK. Bereits bei Klageerhebung habe sie vorgehabt, die Bewilligung von PKH zu beantragen.

Mit Beschluss vom 14.09.2011 hat das SG den Beschluss vom 29.11.2010 über die Bewilligung von PKH aufgehoben. Die Klägerin habe absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben im Fragebogen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht. Der Beitritt zum VdK sei in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu den Angaben im Fragebogen erfolgt. Bei richtigen Angaben wäre PKH nicht bewilligt worden. Die Absicht, die Bewilligung von PKH vor Beitritt zum VdK zu beantragen, sei ohne Belang.

Dagegen hat die Klägerin Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Eine Übernahme des Mandats durch den VdK im November 2010 sei unzweckmäßig gewesen. Das SG habe die Aufhebung erst 4 Monate nach Kenntnis von der Mitgliedschaft beim VdK ausgesprochen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Akten in erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Insbesondere ist die Beschwerde nicht gemäß § 172 Abs 3 Nr 2 SGG ausgeschlossen, denn vorliegend geht es nicht um die Ablehnung der Bewilligung von PKH, sondern um die Aufhebung der bereits erfolgten Bewilligung. Eine analoge Anwendung dieser Regelung in dem vorliegenden Fall kommt nicht in Betracht (im Ergebnis ebenso: BayLSG, Beschluss vom 22.11.2010 - L 7 AS 486/10 B PKH -).

Die Beschwerde ist auch begründet. Zwar stellt die Mitgliedschaft beim VdK einen Vermögenswert dar, den die Klägerin vorliegend einzusetzen hat. Diese Mitgliedschaft hat sie bei der Abgabe des Fragebogens zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen im November 2010 nicht angegeben, obwohl sie bereits seit 01.11.2010 dort Mitglied war. Die Bewilligung von PKH war daher zu Unrecht erfolgt.

Die Nichtangabe der Mitgliedschaft im Fragebogen war jedoch nicht grob nachlässig iS des § 124 Nr 2 Zivilprozessordnung -ZPO- i.V.m. § 73a SGG, für Vorsatz liegen überhaupt keine Anhaltspunkte vor. Die Fragestellung im Fragebogen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ist diesbzgl. nicht eindeutig, denn vom VdK werden nicht die Kosten der Prozessführung getragen, es entstehen lediglich keine solchen im vorliegenden sozialgerichtlichen Verfahren. Bei den Angaben zum Vermögen ist auch nicht nach einer Mitgliedschaft beim VdK gefragt. Von daher kann allenfalls leichte Fahrlässigkeit hinsichtlich der Nichtangabe der Mitgliedschaft angenommen werden. Nähere Ausführungen des SG zu dieser Frage finden sich nicht.

Eine Aufhebung nach §124 Nr 3 ZPO scheitert vorliegend am Fehlen einer Ermessensausübung durch das SG.

Nach alledem war auf die Beschwerde der Beschluss des SG aufzuheben.

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2847621

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