Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Selbstentscheidung des abgelehnten Richters über einen unzulässigen oder missbräuchlichen Befangenheitsantrag. Endgültigkeit der Entscheidung des Sozialgerichts über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten. Gebührenfreiheit nur für statthafte Verfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einem unzulässigen oder missbräuchlichen Befangenheitsantrag kann der abgelehnte Richter im Zusammenhang mit der Entscheidung zur Hauptsache über das Ablehnungsgesuch mitentscheiden. Einer gesonderten Entscheidung über den Befangenheitsantrag bedarf es nicht.
2. Gegen die Kostenentscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann das Gericht im Wege der Erinnerung angerufen werden, das dann gem § 197 Abs 2 SGG endgültig entscheidet. Eine Beschwerde gegen diesen gerichtlichen Beschluss ist daher unzulässig.
3. Der absolute Rechtsmittelausschluss des § 197 Abs 2 SGG steht einer Nichtzulassungsbeschwerde entgegen.
4. Die Schaffung eines außerordentlichen Rechtsbehelfs durch Richterrecht außerhalb des geschriebenen Rechts würde den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtsmittelklarheit nicht genügen und verbietet sich daher.
5. Eine gesetzlich bestimmte Gebührenfreiheit gilt nur für statthafte Verfahren.
Normenkette
GG Art. 101 Abs. 1 S. 2; SGG § 197 Abs. 2, § 172 Abs. 1, §§ 177, 197a Abs. 1 S. 1; VwGO § 154 Abs. 2; RVG § 56 Abs. 2 S. 2; GKG § 66 Abs. 8 S. 1
Tenor
I. Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 6. November 2013 wird als unzulässig verworfen.
II. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 20,- € festgesetzt.
Gründe
I.
Streitig ist die Festsetzung der zu erstattenden außergerichtlichen Kosten in einem gemäß § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) gerichtskostenpflichtigen Rechtsstreit.
Zugrunde liegt ein Verfahren aus dem Rechtsbereich der gesetzlichen Unfallversicherung vor dem Sozialgericht (SG) Bayreuth mit dem Aktenzeichen S 11 U 5015/13 ER, in dem sich die Beschwerdeführerin gegen die Heranziehung zu einem Beitrag zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung gewandt hat. Die Beschwerdeführerin hatte dort mit ihrem Begehren keinen Erfolg.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20.09.2013 setzte die Urkundsbeamtin des SG die von der Beschwerdeführerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf 20,- € fest.
Dagegen hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 24.10.2013 Erinnerung eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass für ihr Privatgrundstück keine gesetzliche Unfallversicherung zuständig und eine Beitragserhebung daher illegal sei.
Mit Beschluss des SG vom 06.11.2013 ist die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen worden. In der Rechtsbehelfsbelehrung ist darauf hingewiesen worden, dass die Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) nicht zulässig sei, da der Beschwerdewert einen Betrag von 200,- € nicht übersteige.
Mit Schreiben vom 04.12.2013 hat die Beschwerdeführerin "Nichtzulassungsbeschwerde" erhoben. Die Höhe der zu erstattenden außergerichtlichen Kosten von 20,- € sei nicht gerechtfertigt, da sich die Berufsgenossenschaft in der Vergangenheit unzuverlässig in der Kostenberechnung gezeigt habe. Zudem sei die Berufsgenossenschaft auch nicht zuständig gewesen. Eine Beitragserhebung sei unzulässig gewesen. Zudem hat die Beschwerdeführerin das Bayer. LSG "als Gericht für diesen Vorgang wegen seiner langjährigen ... gesetzeswidrigen Rechtsprechung" als befangen abgelehnt.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 17.12.2014 ist die Beschwerdeführerin auf die Unanfechtbarkeit des Beschlusses des SG vom 06.11.2013 hingewiesen worden.
Die Beschwerdeführerin hat sich dazu mit Schreiben vom 13.02.2015 dahingehend geäußert, dass die der Kostenentscheidung zu Grunde liegende Entscheidung gesetzes- und grundrechtswidrig sei. Sie hat dies umfassend mit der aus ihrer Sicht rechtswidrigen Beitragspflicht zur gesetzlichen Unfallversicherung in ihrem Fall begründet.
II.
Die Beschwerde gegen den Beschluss über die Erinnerung vom 26.09.2014 ist unzulässig.
1. Befangenheitsantrag
Der Senat konnte in der Sache entscheiden, ohne zuvor gesondert über das Befangenheitsgesuch der Beschwerdeführerin entscheiden zu müssen.
Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) lässt im Fall eines unzulässigen oder missbräuchlich angebrachten Ablehnungsgesuchs eine Selbstentscheidung des abgelehnten Richters über das Gesuch zu (ständige Rspr., vgl. z.B. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 20.07.2007, Az.: 1 BvR 3084/06). Einer gesonderten Entscheidung über das Befangenheitsgesuch vor der Entscheidung in der Sache bedarf es in derartigen Fällen nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.12.1986, Az.: 2 BvE 1/86); das Ablehnungsgesuch kann gänzlich unberücksichtigt bleiben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.02.1960, Az.: 2 BvR 36/60).
Nach der Rechtsprechung des BVerfG gerät bei strenger Beachtung der Voraussetzungen des Vorliegens eines gänzlich untauglichen oder rechtsmissbräuchlichen A...