Leitsatz (amtlich)
1. Der Sachverständige trägt die objektive Beweislast dafür, dass die Rechnung für das von ihm erstellte Gutachten innerhalb der 3 Monats Frist des § 2 Abs. 1
Satz 1 JVEG bei Gericht eingegangen ist. Der Rechnungseingang muss im Vollbeweis nachgewiesen sein.
2. § 2 Abs. 2 JVEG sieht nur eine Wiedereinsetzung auf Antrag vor.
3. Der Wiedereinsetzungsantrag ist innerhalb von zwei Wochen ab Wegfall des Hindernisses, das einer fristgerechten Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs entgegen gestanden hat, zu stellen.
4. Die verspätete Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs stellt keinen Wiedereinsetzungsantrag dar.
5. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG gebietet es, von einer Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrunds im Rahmen der Darlegungslast eines Antragstellers schon dann auszugehen, wenn ein Antragsteller im Rahmen seines Wiedereinsetzungsantrags plausibel einen nach der Lebenserfahrung naheliegenden Sachverhalt darstellt, der eine Wiedereinsetzung begründet, und keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Antragstellers bestehen.
6. Die verfassungsrechtlich gebotene weite Auslegung des Begriffs der Glaubhaftmachung im Rahmen der Darlegungslast verlangt ein Korrektiv, um Missbrauch zu vermeiden. Das Gericht hat daher in einem zweiten Schritt die Frage zu prüfen, ob es möglicherweise erst nach weiterer Sachprüfung einen Wiedereinsetzungsgrund tatsächlich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. Eine schlichte Erklärung des Antragstellers wird dabei nur im seltenen Einzelfall genügen.
Tenor
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Vergütung für das Gutachten vom 29.10.2012 (Rechnung vom 25.10.2012) wird abgelehnt.
Gründe
I.
Streitig ist, ob dem Antragsteller für die Vergütung für ein von ihm im Auftrag des Gerichts erstelltes Gutachten Wiedereinsetzung gemäß § 2 Abs. 2 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) zu gewähren ist.
In dem beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen geführten rentenrechtlichen Berufungsverfahren erstellte der Antragsteller im Auftrag des Gerichts ein orthopädisches Gutachten. Das Gutachten vom 29.10.2012 ging am 05.11.2012 beim LSG ein. Der Eingang weiterer Anlagen, nicht aber einer Rechnung des Antragstellers, ist in diesem Zusammenhang vermerkt.
Mit Schreiben vom 05.07.2013 mahnte der Antragsteller die Bezahlung einer Rechnung vom 25.10.2012 für das Gutachten an. Der Zahlungserinnerung lag die Rechnung vom 25.10.2012 bei.
Mit Schreiben vom 12.07.2013 teilte der Kostenbeamte des Bayer. LSG dem Antragsteller mit, dass die Rechnung für das Gutachten erstmalig mit der Zahlungserinnerung eingegangen sei und daher wegen der dreimonatigen Frist des § 2 Abs. 1 JVEG der Vergütungsanspruch erloschen sei.
Mit Schreiben vom 18.07.2013, bei Gericht eingegangen am 22.07.2013, hat sich der Antragsteller gegen die Ablehnung der Vergütung gewandt. Mit dem Gutachten sei - so der Antragsteller - auch die Rechnung versandt worden. Die Zusendung der Rechnung sei, wie bei ihm immer, fristgerecht erfolgt.
Auf gerichtliche Nachfrage hat der Antragsteller mit Schreiben vom 09.09.2013 erläutert, dass er im Jahr 2012 ca. 150 Gutachten erstellt habe. Ein Fall wie dieser habe sich bei seiner Gutachtertätigkeit nie ereignet. Seit 2001 sei er regelmäßig intensiv gutachterlich tätig. Einen "Beweis", dass die Rechnung dem Gutachten beigelegen habe, könne er selbstverständlich nicht liefern.
II.
Das Schreiben des Antragstellers vom 18.07.2013 stellt einen Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG dar, da er damit eine rechtzeitige Einreichung der Rechnung vorträgt und sich gegen die Ablehnung der Vergütung wegen Verfristung wendet. Über den Antrag auf Wiedereinsetzung hat nicht der Kostenbeamte, sondern gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG das Gericht zu entscheiden.
Wiedereinsetzung kann nicht gewährt werden, da sich der Senat bei den von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen nicht vom Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrunds überzeugen hat können.
Im vorliegenden Fall ist der Entschädigungsantrag zu spät gestellt worden. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung sind nicht erfüllt.
1. Vergütungsantrag zu spät gestellt
Der Vergütungsanspruch war bereits erloschen, als die Honorarforderung für das Gutachten vom 29.10.2012 geltend gemacht wurde.
Der Anspruch auf Vergütung erlischt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle geltend gemacht wird, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat. Die Frist beginnt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG im Falle der schriftlichen Begutachtung mit Eingang des Gutachtens bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen hat.
Vorliegend ist das Gutachten vom 29.10.2012 am 05.11.2012 bei Gericht eingegangen. Die dreimonatige Frist zur Geltendmachung des dafür entstandenen Vergütungsanspruchs ist am 05.02.2013 (Dienstag) abgelaufen.
Eines weiteren Hinweises des Gerichts auf den bevorstehenden Ablauf der Frist oder...