Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachverständigenvergütung: Wiedereinsetzung in die Antragsfrist bei Nichtzurkenntnisnahme der gerichtlichen Hinweise zur Antragstellung
Leitsatz (amtlich)
1. Auf eine Unkenntnis der Entschädigungsmöglichkeit und der dabei zu beachtenden Antragsfrist kann ein Wiedereinsetzungsantrag nicht gestützt werden, wenn die Belehrungspflicht in § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 JVEG erfüllt ist.
2. Die Behauptung eines Sachverständigen, er habe die in Ausführung der Belehrungspflicht in § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 JVEG gegebenen Hinweise nicht zur Kenntnis genommen, begründet keine Wiedereinsetzung. In einem solchen Fall liegt eine verschuldete Fristversäumnis vor.
Tenor
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Vergütung des im Verfahren L 3 SB 112/13 erstellten Gutachtens wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt wegen der Vergütung eines von ihm im Auftrag des Gerichts erstellten Gutachtens nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) die Wiedereinsetzung.
In dem beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen L 3 SB 112/13 geführten schwerbehindertenrechtlichen Berufungsverfahren erstellte der Antragsteller im Auftrag des Gerichts (Schreiben des LSG vom 20.10.2014) ein Gutachten gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz. Das Gutachten ging am 26.06.2015 beim LSG ein.
Mit einer auf den 03.11.2015 datierten Rechnung, beim LSG eingegangen am 05.11.2015, stellte der Antragsteller für sein Gutachten eine Rechnung über 490,- €.
Die Kostenbeamtin des LSG lehnte mit Schreiben vom 06.11.2015 eine Vergütung mit der Begründung ab, dass der Vergütungsanspruch wegen Fristversäumnis (Ablauf der Dreimonatsfrist gemäß § 2 Abs.1 JVEG) erloschen sei.
Mit Schreiben vom 11.11.2015, beim LSG eingegangen am 13.11.2015, hat der Antragsteller die Wiedereinsetzung beantragt und dies damit begründet, dass ihm eine Ablauffrist für die Rechnung nicht bekannt gewesen sei. Mit Schreiben vom 12. und 19.01.2016 hat er seine Unkenntnis von der Antragsfrist bekräftigt.
II.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung vom 13.11.2015 wegen der Vergütung für das Gutachten im Verfahren mit dem Aktenzeichen L 3 SB 112/13, über den nicht der Kostenbeamte, sondern gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG "das Gericht" zu entscheiden hat, ist abzulehnen. Denn ein Wiedereinsetzungsgrund liegt nicht vor.
Die Rechnungsstellung durch den Antragsteller ist verfristet, die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung liegen nicht vor.
1. Vergütungsantrag zu spät gestellt
Der Vergütungsanspruch für das Gutachten im Verfahren L 3 SB 112/13 war bereits erloschen, als dieser Anspruch beim LSG geltend gemacht wurde.
Der Anspruch auf Vergütung erlischt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle geltend gemacht wird, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat. Die Frist beginnt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG im Fall der schriftlichen Begutachtung mit Eingang des Gutachtens bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen hat. Für die Einhaltung der Antragsfrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG ist entscheidend der Rechnungseingang bei Gericht, nicht die Datierung der Rechnung oder deren Absendung durch den Vergütungsberechtigten (ständige Rspr., vgl. z.B. Beschluss des Senats vom 16.05.2014, Az.: L 15 SF 372/13).
Vorliegend ist das Gutachten im Verfahren L 3 SB 112/13 am 26.06.2015 beim LSG eingegangen. Die dreimonatige Frist zur Geltendmachung des dafür entstandenen Vergütungsanspruchs ist dementsprechend am 28.09.2015 (Montag) abgelaufen.
Eines weiteren Hinweises des Gerichts auf den bevorstehenden Ablauf der Frist oder einer Aufforderung zur Bezifferung der Vergütungsforderung bedurfte es nicht (ständige Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 12.09.2013, Az.: L 15 SF 190/13 - m.w.N.).
Dadurch dass der Kläger das Gutachten zusammen mit der Rechnung nochmals mit Eingang beim LSG am 05.11.2015 übersandt hat, hat die dreimonatige Frist zur Geltendmachung des Vergütungsanspruchs nicht erneut zu laufen begonnen. Denn entscheidend ist der erstmalige Eingang des Gutachtens bei Gericht.
Ein Eingang der auf den 03.11.2015 datierten Rechnung ist für den 05.11.2015 und damit lange nach Fristablauf nachgewiesen.
2. Wiedereinsetzung
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht zu gewähren, da ein Wiedereinsetzungsgrund nicht vorliegt.
2.1. Voraussetzungen der Wiedereinsetzung im Allgemeinen
Einem Anspruchsteller nach dem JVEG ist bei Versäumung der Frist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG Wiedereinsetzung nur dann zu gewähren, wenn
- er innerhalb der Zweiwochenfrist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG, d.h. innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses für die (rechtzeitige) Antragstellung (zur Geltung dieser zeitlichen Anforderung bei allen drei im Folgenden genannten Voraussetzungen: vgl. Beschluss des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12),
* einen Wiedereinsetzungsantrag stellt,
* einen Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft macht (vgl. zur verfassungsrechtlichen Problematik und den sich daraus er...