Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Pflichten aus dem Eingliederungsverwaltungsakt. Nichtvorliegen eines Sanktionsbescheides. fehlende Dringlichkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Eingliederungsverwaltungsakt nach § 15 Abs 1 S 6 SGB 2 ist gem § 39 Nr 1 SGB 2 sofort vollziehbar. Statthaft ist im einstweiligen Rechtsschutz ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs 1 S 1 Nr 2 SGG.

2. Wenn der Betroffene bereits gegen die Pflichten aus dem Verwaltungsakt verstoßen hat und noch kein Sanktionsbescheid nach § 31 SGB 2 vorliegt, begehrt er vorbeugenden Rechtsschutz gegen eine künftige Sanktion. Hierfür ist ein qualifiziertes Rechtsschutzinteresse erforderlich. Dieses besteht nicht, wenn nachträglicher Rechtsschutz gegen den Sanktionsbescheid möglich und ausreichend ist.

3. Wenn der Betroffene die ihm auferlegten Pflichten befolgt, wendet er sich mit dem einstweiligen Rechtsschutz auch gegen die aktuelle Verpflichtung zu einem bestimmten Verhalten. Dann muss er geltend machen, dass diese Pflichten bereits jetzt auf Eis gelegt werden müssen.

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde wird Ziffer III des Beschlusses des Sozialgerichts Landshut vom 18. November 2014 aufgehoben.

II. Dem Antragsteller und Beschwerdeführer wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht und das Beschwerdeverfahren jeweils Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt B., B-Straße, B-Stadt, beigeordnet.

III. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

IV. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitig ist im Eilverfahren die Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes vom 12.9.2014.

Der 1973 geb. Antragsteller und Beschwerdeführer (Bf) bezieht nach Abschluss des Studiums der Kulturwissenschaften seit November 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und steht beim Antrags- und Beschwerdegegner (Bg) im laufenden Leistungsbezug. Diverse bisher durchgeführte Eingliederungsmaßnahmen blieben erfolglos.

Bereits mit Bescheid vom 13.5.2014 wurde ein Eingliederungsverwaltungsakt erlassen, der jedoch im Widerspruchsverfahren aufgehoben worden ist.

Bei einem persönlichen Gespräch am 12.9.2014 wurde dem Kläger eine Eingliederungsvereinbarung vorgelegt, die der Bf unterschreiben sollte. Er tat dies nicht. Darauf hin wurde der streitige Eingliederungsverwaltungsakt am 12.9.2014 erlassen. Er ist vom 25.9.2014 bis 14.3.2015 gültig. Der Bg bot darin u.a. dem Bf die Teilnahme an der Maßnahme BKAV nach § 16 Abs. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) i.V.m. § 45 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der Zeit vom 15.9.2014 bis 14.3.2015 beim Träger DAA an und verpflichtete sich zur Übernahme der angemessenen Kosten der Teilnahme. Für die Dauer der Teilnahme an der Maßnahme werde dem Träger DAA ein Zugriff auf die selektiven Bewerberdaten vom Bg in dem Vermittlungs-, Beratungs- und Informationssystem (VerBIS) eingeräumt. Gleichzeitig wurde der Bf zur Teilnahme verpflichtet. Mit der Übermittlung der Daten werde das Einverständnis erklärt. Außerdem wurde der Bf zum Nachweis von monatlich 4 Bewerbungen verpflichtet.

Mit weiterem Bescheid vom 12.9.2014 erfolgte die Zuweisung der Maßnahme. Der Bf trat die Maßnahme an.

Gegen den Eingliederungsverwaltungsakt legte der Bevollmächtigte des Bf am 18.9.2014 Widerspruch ein.

Laut Aktenvermerk vom 21.10.2014 ist das Ziel der Maßnahme die Identifizierung von Integrationshemmnissen. Dazu gehört die Erstellung aktueller individueller Bewerbungsunterlagen sowie ein intensives Bewerbungstraining und -coaching. Bei der Teilnahme seien zwei Präsenztage pro Woche von 8 Uhr bis 16 Uhr gefordert. Die Tage könnten einvernehmlich mit dem Träger festgelegt werden. Im Übrigen stehe es dem Teilnehmer frei, dem Datenzugriff zu widersprechen.

Am 8.10.2014 beantragte der Bevollmächtigte des Bf beim Sozialgericht Landshut einstweiligen Rechtsschutz durch Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Eingliederungsverwaltungsakt sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Die Verpflichtung zur Teilnahme an der Maßnahme sei offensichtlich rechtswidrig. Die Maßnahme sei unzumutbar lang und nicht hinreichend bestimmt. Außerdem verfehle die Maßnahme ihren Zweck. Der Bf sei durch mehr als die Hälfte des Unterrichtsangebots krass unterfordert. Die schematische Festlegung von 4 Bewerbungen sei rechtswidrig. Die individuellen Bedürfnisse würden dabei nicht hinreichend berücksichtigt. Sein Wunschrecht nach Finanzierung eines Promotionsstudiums würde nicht berücksichtigt. Die Datenübermittlungsklausel sei rechtswidrig. Das Recht, die Vereinbarung von fachkundiger Stelle überprüfen zu lassen, sei ihm verwehrt worden.

Mit Schriftsatz vom 3.11.2014 erwiderte der Bg, dass die Maßnahme angemessen und zumutbar sei. Auf den Vermerk vom 21.10.2014 wurde Bezug genommen. Hierauf nahm der Bevollmächtigte Akteneinsicht. Auf Nachfrage durch das Gericht teilte der Bg mit, dass Sanktionen n...

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