Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz. Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Angemessenheitsprüfung
Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen der Prüfung nach § 86b Abs 2 SGG ist ein Abschlag von ca 10% auf den sich aus einem qualifizierten Mietspiegel ergebenden durchschnittlichen Quadratmeterpreis angemessen iS von § 22 Abs 1 SGB 2.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 24. Juni 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die zu erstattende Höhe der Kosten der Unterkunft im Rahmen der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) streitig.
Die 1959 geborene Beschwerdeführerin (Bf.) bezieht seit Juni 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Zuletzt gewährte ihr die Beschwerdegegnerin (Bg.) mit Bescheid vom 29.04.2009 für den Zeitraum vom 01.06.2009 bis zum 30.11.2009 Leistungen in Höhe von insgesamt 963,88 EUR (Regelleistung 351 EUR, Kosten für Unterkunft und Heizung 612,88 EUR). Die Kosten der Unterkunft setzen sich zusammen aus einer Kaltmiete in Höhe von 449,21 EUR, "kalten" Nebenkosten in Höhe von 55 EUR und einer Gaspauschale in Höhe von 108,67 EUR.
Die Bf. bewohnt alleine eine Eineinhalb-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 48 Quadratmetern, für die sie 690 EUR Kaltmiete bezahlt. Seit März 2007 gewährt die Bg. nur noch die, ihrer Ansicht nach angemessenen, Kosten der Unterkunft, zuletzt in Höhe von 449,21 EUR.
Gegen die jeweiligen Bewilligungsbescheide hat die Bf. Klagen zum Sozialgericht München (SG) erhoben, die noch in der 55. Kammer des SG anhängig sind.
Mit Beschluss vom 18.07.2007 (Az. L 7 B 341/07 AS ER) hat der 7. Senat des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) angemessene Unterkunftskosten in Höhe von 441,50 EUR (maximale Wohnfläche 50 qm x 8,83 EUR maximalen Quadratmeterpreis) festgestellt. In einem weiteren Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz (Az. L 7 B 1035/08 AS ER) hat erneut der 7. Senat mit Beschluss vom 12.01.2009 die von der Bg. nunmehr auf 449,21 EUR angehobene Angemessenheitsgrenze als nicht zu niedrig beurteilt.
Gegen den Bescheid der Bg. vom 29.04.2009 erhob die Bf. am 13.05.2009 Widerspruch und stellte am 15.05.2009 beim SG einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Die Beschlüsse des Bayerischen Landessozialgerichts seien veraltet. Zudem entspräche der zugrunde gelegte Quadratmeterpreis von 8,98 EUR nicht der Liste der Bg., die selbst 9,98 EUR pro Quadratmeter für Ein-Personen-Wohnungen zugrunde lege. Sie beantrage daher die die Übernahme der tatsächlichen Grundmiete bzw. zumindest die Gewährung von 9,98 EUR pro Quadratmeter. Unter Berücksichtigung der ihr zustehenden 50 qm sei daher zumindest eine Grundmiete von 499 EUR zu gewähren. Zur weiteren Begründung verwies sie auf einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung, in dem der Haus- und Grundbesitzerverein auf eine enorme Mietsteigerung in A-Stadt von ca. 20 Prozent hinwies und in diesem Zusammenhang kritisierte, dass der aktuelle Mietspiegel lediglich ein Plus von 6,25 Prozent ausweise.
Das SG lehnte den Antrag mit Beschluss vom 24.06.2009 ab. Ein weitergehender Anspruch auf Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II bestehe nicht. Mit Beschluss vom 16.01.2009 habe das LSG festgestellt, dass die von der Bg. anerkannte Kaltobermietgrenze in Höhe von 449,21 EUR für einen Ein-Personen-Haushalt derzeit als angemessen anzusehen sei. Gründe, die eine von der Beurteilung des LSG abweichende Betrachtung rechtfertigen würden, seien nicht ersichtlich. Entgegen der Ansicht der Bf. sei eine vom Mietspiegel losgelöste Betrachtung nicht gerechtfertigt. Der Rückgriff der Bg. auf die im Mietspiegel dargestellten Mieten entspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, da es sich um einen qualifizierten Mietspiegel handle, der nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und fortlaufend angepasst werde. Dass der Mietspiegel eine Prognoseentscheidung beinhalte, die möglicherweise von der Wirklichkeit überholt werde, sei als systemimmanent hinzunehmen und begründe keine Pflicht der Bg. halbjährlich den jeweiligen Mietmarkt zu ermitteln. Soweit die Bf. geltend mache, dass nach den eigenen Angaben der Bg. hinsichtlich einer Wohnungsgröße von 50 qm ein Quadratmeterpreis von mindestens 9,98 EUR gewährt werde, fehle es dem Antrag (unabhängig von den zweifelhaften Berechnungen der Bf.) zumindest am Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Die Bf. habe keine Tatsachen vorgetragen, aus der sich die Erforderlichkeit einer vorläufigen Entscheidung im Hinblick auf den vergleichsweise geringen Differenzbetrag zwischen dem derzeit gewährten Quadratmeterpreis und dem von der Bf. vorgetragenen Mindestquadratmeterpreis ergebe. Das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz diene nicht dazu, die Sach- und Rechtslage bis ins Einzelne zu klären, vielmehr sollen schwere und unzumutbare Beeinträchtigungen verhindert werden. Da der angemessene Mietpreis letztlich weit unter dem liege, was die Bf. derze...