Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum einstweiligen Rechtsschutz gegen Folgen eines Auskunftsanspruchs nach § 60 Abs. 2 SGB II und § 33 SGB II. Aufschiebende Wirkung. Vorbeugender Rechtsschutz. Zuständigkeit des Zivilgerichts
Leitsatz (amtlich)
Widerspruch und Klage gegen ein Auskunftsverlangen nach § 60 Abs. 2 SGB II haben regelmäßig aufschiebende Wirkung. Solange diese andauert und die Behörde diese nicht bestreitet, fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis für vorbeugenden Rechtsschutz gegen ein künftiges Zwangsgeld oder Bußgeldverfahren.
Ein Unterhaltsanspruch und der zugehörige Auskunftsanspruch nach § 33 SGB II gehen kraft Gesetzes auf die Behörde über. Für eine Sicherungsanordnung mit dem Ziel, das Sozialgericht solle dem Jobcenter untersagen, diesen Anspruch bei den Zivilgerichten geltend zu machen, fehlt es an einem zu sichernden Recht des Antragstellers.
Normenkette
SGB II § 33 Abs. 1 S. 4, §§ 39, 60 Abs. 2; SGG § 86b Abs. 2 S. 1, § 86a Abs. 1 S. 1
Tenor
I. Die Beschwerde gegen Ziffer I. und II. des Beschlusses des Sozialgerichts Augsburg vom 9. September 2015 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
IV. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer wendet sich gegen ein Auskunftsverlangen des Antragsgegners und daraus mögliche Folgemaßnahmen (Zwangsgeld, Bußgeldverfahren).
Der 1974 geborene Antragsteller lebt seit Ende 2014 getrennt von seiner Ehefrau und der im Jahr 2004 geborenen gemeinsamen Tochter D.. Der Antragsgegner gewährt der Ehefrau seit Februar 2015 und der Tochter seit März 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II.
Mit Schreiben vom 30.03.2015 wurde der Antragsteller zum einen über den gesetzlichen Übergang von Unterhaltsansprüchen zu Gunsten seiner Ehefrau und Tochter nach § 33 SGB II informiert sowie zum andern aufgefordert, anhand eines Auskunftsbogens Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu geben. Die Pflicht zur Auskunft beruhe auf § 33 Abs. 1 Satz 4 SGB II in Verbindung mit § 1361 bzw. § 1605 BGB. Daneben bestehe die öffentlich-rechtliche Auskunftspflicht nach § 60 SGB II. Sofern dieser zweiten Pflicht nicht nachgekommen werde, könne ein Zwangsgeld festgesetzt oder ein Bußgeldverfahren eingeleitet werden. Gegen die öffentlich-rechtliche Auskunftspflicht sei Widerspruch möglich. Den vom Antragsteller eingelegten Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 21.04.2015 zurück.
Der Antragsteller erhob dagegen die Klage S 14 AS 439/15, die mit Urteil vom 09.09.2015 abgewiesen wurde. Dagegen wurde die Berufung L 7 AS 665/15 eingelegt.
Bereits am 20.05.2015 stellte der Antragsteller einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen das Auskunftsverlangen vom 30.03.2015. Der Antragsgegner solle Auskunftsklagen beim Familiengericht, ein Zwangsgeld sowie ein Bußgeldverfahren gegen den Antragsteller unterlassen. Der Antragsgegner habe keinen Auskunftsanspruch und keinen Überleitungsanspruch für Unterhaltsleistungen.
Mit Beschluss vom 09.09.2015 lehnte das Sozialgericht Augsburg den Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz ab, verpflichtete den Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen und setzte den Streitwert auf 5000,- Euro fest. Der Antrag sei als Sicherungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, aber mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Der Auskunftsbescheid nach § 60 Abs. 2 SGB II sei noch nicht bestandskräftig. Widerspruch und Klage hätten aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs. ein Satz 1 SGG. Deshalb könne der Antragsgegner weitere Maßnahmen zur Durchsetzung des Auskunftsverlangens (Zwangsgeld, Bußgeldverfahren) erst nach Eintritt der Bestandskraft ergreifen. Ergänzend wurde angemerkt, dass kein materiell-rechtlicher Anspruch bestehe. Sämtliche Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs nach § 60 Abs. 2 SGB II seien erfüllt. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Streitwert ergebe sich aus § 53 Abs. 3 Nr. 4, § 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz (GKG); für die drei geltend gemachten Unterlassungsansprüche seien jeweils 5000,- Euro anzusetzen, mithin 15.000,- Euro, hiervon jedoch lediglich ein Drittel, weil es sich nur um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handle.
Der Antragsteller hat am 25.09.2015 Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt und zugleich Prozesskostenhilfe beantragt. Die Beschwerde richte sich auch gegen den Streitwert. Der Antragsteller habe gegen den Richter am Sozialgericht Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt. Der Streitwert sei ihm nicht ausreichend erklärt worden. Zu der Zahlung von Leistungen nach SGB II sei eine namentlich benannte Zeugin zu vernehmen. Hilfsweise sei das Verfahren an das Sozialgerichts zurückzuverweisen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Bes...