Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Prozesskostenhilfevergütungsanspruch. Vorschuss. Erinnerung. Festsetzung. Mittelgebühr. Angemessenheit. Verrechnung einer Zahlung. keine Umsatzsteuererstattung bei anwaltlicher Tätigkeit für Privatperson mit Wohnsitz in Drittlandsgebiet. erhöhte Auslagen und Gebühren durch Auslandsbezug

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung des im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu gewährenden Vorschusses auf die Vergütung richtet sich auch im sozialgerichtlichen Verfahren nach §§ 56, 33 RVG.

2. Regelmäßig ist im Rahmen der Vorschussgewährung die Mittelgebühr als angemessen anzusehen. Abweichungen nach oben oder unten sind jedoch im Einzelfall möglich.

3. Zur Verrechnung einer Zahlung auf den Vorschuss nach § 58 Abs 2 RVG.

4. Eine Erstattung der Umsatzsteuer durch die Landeskasse erfolgt nicht, wenn ein Rechtsanwalt mit Kanzleiadresse in Deutschland für eine Privatperson mit Wohnsitz im EU-Ausland tätig ist.

5. Durch Auslandsbezug zu erwartende erhöhte Auslagen und Gebühren können bei der Durchsetzung eines Rückerstattungsanspruchs berücksichtigt werden.

 

Tenor

I. Auf die Erinnerung der Antragsgegnerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14. August 2009 abgeändert und der aus der Landeskasse zu gewährende Vorschuss auf die Vergütung auf 52,00 EUR festgesetzt. Eine Rückerstattung findet zunächst nicht statt.

II. Die Erinnerung des Antragstellers wird zurückgewiesen.

III. Die Entscheidung ergeht kostenfrei.

 

Gründe

I.

Die Erinnerungen richten sich gegen die Festsetzung eines Vorschusses aus der Prozesskostenhilfe (PKH) in Höhe von 118,88 EUR.

Streitig ist im Berufungsverfahren vor dem Senat (Az.: L 13 R 856/08) die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung an den Kläger nach §§ 43, 240 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI). Die Beklagte, die Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd, lehnte dies mit Bescheid vom 29. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2007 ab, da die notwendigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Rentenanspruch nicht bestünden. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht Landshut nach Einholung eines Gutachtens der Internistin Dr. L. mit Gerichtsbescheid vom 21. Juli 2008 abgewiesen.

Zur Begründung der gegen diesen Gerichtsbescheid vom Prozessbevollmächtigten des Klägers, der zugleich in dem vorliegenden Verfahren Antragsteller, Erinnerungsführer und Erinnerungsgegner ist (im Folgenden: Antragsteller), mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2008 eingelegten Berufung hat dieser ausgeführt, aufgrund einer Berufskrankheit nach Nrn. 2106 und 2108 der Berufskrankheitenverordnung (BKV) sei die Wartezeit gemäß § 53 Abs. 1 SGB VI erfüllt. Das Gutachten der Dr. L. gebe keine Auskunft darüber, ob es sich bei den festgestellten Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers um eine Erbkrankheit o.ä. handele oder ob dies durch die berufliche Tätigkeit verursacht wurde. Ferner hätte das Gericht weitere Ermittlungen zur quantitativen Leistungseinschränkung vornehmen müssen. Schließlich habe der Kläger ab 1. August 1998 Kurzarbeitergeld bezogen. Während dieser Zeit habe Versicherungspflicht nach § 1 Nr. 1 SGB VI bestanden.

Der Senat hat mit Beschluss vom 19. November 2008 dem Kläger Prozesskostenhilfe gewährt und den Antragsteller beigeordnet. Mit Schriftsatz vom 3. Januar 2009 hat der Prozessbevollmächtigte eine "Rechnung" in Höhe von 208,25 EUR (PKH-Verfahrensgebühr Nr. 3336 des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - VV RVG - in Höhe von 175,00 EUR zzgl. 19 % Umsatzsteuer in Höhe von 33,25 EUR) eingereicht. Der Kostenbeamte hat mit Schreiben vom 30. Januar 2009 auf die Unbegründetheit des Antrags hingewiesen, da die Vergütung nach § 8 RVG noch nicht fällig sei, und anheim gestellt, einen Antrag auf Vorschuss nach § 47 RVG zu stellen. Der Antragsteller hat den ursprünglichen Antrag jedoch zunächst ausdrücklich nicht zurückgenommen.

Mit Beschluss vom 19. Februar 2009 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Antrag auf Festsetzung von Anwaltsvergütung für das Verfahren auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gegen die Landeskasse abgelehnt. Er hat u.a. ausgeführt, die Vergütung des Rechtsanwalts für das Berufungsverfahren sei wegen des noch anhängigen Rechtsmittels noch nicht nach § 8 RVG fällig; ein Vorschuss nach § 47 RVG sei nicht beantragt.

Die hiergegen gerichtete Erinnerung vom 6. März 2009 hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 10. März 2009 zurückgenommen.

Am 9. März 2009 hat der Antragsteller die Festsetzung eines Vorschusses in Höhe von 422,00 EUR (Nr. 3204 VV RVG Verfahrensgebühr 2/3 der Höchstgebühr in Höhe von 380,00 EUR, Nr. 7002 VV RVG Pauschale für Post und Telekommunikation in Höhe von 20,00 EUR, Nr. 7000 VV RVG für 44 Kopien in Höhe von 22,00 EUR) beantragt. Er hat darauf hingewiesen, dass kein steuerbarer Vorgang vorliege.

Auf Nachfrage des Gerichts hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 17. Juli 2009 mitgeteilt, vom Kläge...

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