Entscheidungsstichwort (Thema)
keine Entschädigung für Verdienstausfall bei fehlendem Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit. Entschädigung für Zeitversäumnis
Leitsatz (amtlich)
Eine Entschädigung für Verdienstausfall eines Selbständigen kann nicht erfolgen, wenn es keinen Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit gibt.
Normenkette
JVEG § 4 Abs. 1, §§ 19, 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, §§ 22, 20; SGG § 191
Tenor
Die Entschädigung des Antragstellers für die Wahrnehmung des Termins vor dem Bayer. Landessozialgericht am 11.02.2011 wird auf 32,- € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) wegen der Wahrnehmung eines Gerichtstermins, zu dem sein persönliches Erscheinen angeordnet worden ist.
In dem am Bayerischen Landessozialgericht (Bayer. LSG) unter dem Aktenzeichen L 9 AL 25/08 geführten Rechtsstreit des Antragstellers, zu dem das Verfahren L 9 AL 17/08 hinzuverbunden worden war, fand am 11.02.2011 eine mündliche Verhandlung statt; das persönliche Erscheinen des Antragstellers war angeordnet. Geladen wurde der Antragsteller, dessen Anwälte in beiden Verfahren der Hauptsache nur eine Adresse in G. angegeben hatten, unter einer Adresse in A-Stadt. Warum die Ladung an diese Adresse gegangen ist, ist den Akten nicht zu entnehmen.
Mit beim LSG am 18.02.2011 eingegangenen Schreiben beantragte der Antragsteller die Entschädigung für das Erscheinen beim Gerichtstermin am 11.02.2011. Er machte neben Fahrtkosten für 90 km von G. zum Gericht und zurück einen Verdienstausfall bei Selbständigen nach dem "Höchstentschädigungssatz" für die Zeit von 9.30 Uhr bis 13.00 Uhr geltend.
Mit Schreiben vom 07.03.2011 setzte der Kostenbeamte des Bayer. LSG die Entschädigung auf 13,- € fest. Dabei ging er von Fahrtkosten vom Ladungsort (A-Stadt) zum Gericht und zurück aus; der Antragsteller habe vor der mündlichen Verhandlung nicht mitgeteilt, warum er nicht vom Ladungsort anreisen werde. Eine Entschädigung für Verdienstausfall lehnte der Kostenbeamte ab, da keinerlei Hinweise auf eine selbständige Tätigkeit des Antragstellers vorlägen.
Dagegen hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom 31.03.2011 gewandt. Er hat vorgetragen, dass die Fahrtkosten falsch bemessen worden seien; von G. und zurück betrage die Strecke 80 km. Zudem habe ihm das Gericht nicht mitgeteilt, warum seine Angaben zur Selbständigkeit unglaubhaft seien; das Gericht hätte ihn darauf hinweisen müssen, wenn es seine Angaben nicht für glaubhaft halte.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 20.04.2011 ist der Antragsteller u.a. um nähere Erläuterung zum geltend gemachten Verdienstausfall gebeten worden; er möge mitteilen, ob und wenn ja welcher selbständigen Tätigkeit er nachgehe. Trotz nochmaliger gerichtlicher Erinnerung hat der Antragsteller auf die Anfrage des Gerichts nicht reagiert.
II.
Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte mit Schreiben vom 31.03.2011 die richterliche Festsetzung beantragt.
Die Entschädigung für die Wahrnehmung des Termins vom 11.02.2011 ist auf 32,- € festzusetzen.
Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Berechnung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Kostenfestsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungswege sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos (ständige Rechtsprechung, vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, 25. Aufl. 2011, Rdnr. 4.12 - m.w.N.). Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die Kostenfestsetzung im Verwaltungsweg beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten vorgenommen worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 17.07.2012, Az.: L 15 SF 29/12; vgl. auch Meyer/Höver/Bach, a.a.O., Rdnr. 4.12 - m.w.N).
Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens sind gemäß § 191 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wie Zeugen zu entschädigen, sofern es sich - wie hier - um ein gerichtskostenfreies Verfahren im Sinne des § 183 SGG handelt. Die Entschädigung ergibt sich aus dem JVEG. Die Entschädigungstatbestände (für einen Zeugen) sind in § 19 JVEG aufgelistet.
1. Anzuwendendes Recht
Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall auch nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Regelungen des JVEG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung. Denn der Antragste...