Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. Prozesskostenhilfe nach rechtskräftiger Klageabweisung

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach rechtskräftiger Klageabweisung besteht jedenfalls dann kein Anspruch auf Prozesskostenhilfe für die Klage, wenn die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erst in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vorgelegt worden war.

 

Normenkette

ZPO § 114 S. 1, § 117 Abs. 2 S. 1; SGG § 73a Abs. 1 S. 1

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 12.04.2012 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe (PKH) für ein - durch Urteil erledigtes - Verfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG).

Am 31.05.2011 beantragte die Klägerin, die die rumänische Staatsbürgerschaft besitzt, die Gewährung einer Arbeitserlaubnis-EU. Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2011 ab. Die Klägerin werde nicht ortsüblich bzw. tariflich entlohnt und es seien auch in ausreichendem Maße bevorrechtigte Arbeitnehmer vorhanden. Härtegesichtspunkte lägen keine vor.

Dagegen hat die Klägerin am 07.12.2011 Klage zum SG erhoben und die Bewilligung von PKH beantragt. Die Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat sie in der mündlichen Verhandlung am 12.04.2012 vorgelegt. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 12.04.2012 abgewiesen. Die Entlohnung der Klägerin liege erheblich unter dem ortsüblichen und tariflichen Lohn für Servicekräfte und es hätten ausreichend bevorrechtigte Arbeitnehmer zur Verfügung gestanden. Mit Beschluss vom 12.04.2012 hat das SG auch die Bewilligung von PKH mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Klage abgelehnt.

Gegen die Ablehnung der Bewilligung von PKH hat die Klägerin Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Das Klagebegehren sei nicht von vorneherein aussichtslos gewesen. Neben dem Arbeitsentgelt seien der Klägerin weitere Leistungen vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt worden, welche dem Lohn hinzuzurechnen seien. Zudem sei nicht geprüft worden, ob die anderen Arbeitnehmer tatsächlich der rumänischen Sprache mächtig gewesen seien. Schließlich werde Art 6 Grundgesetz (GG) verletzt, da die Klägerin mit der Gaststättenbetreiberin verwandt sei.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Der Klägerin ist für das erstinstanzliche Verfahren keine PKH zu bewilligen.

Nach § 73a Abs 1 SGG iVm § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R - juris - Rn 26 = SozR 3-1500 § 62 Nr 19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit (vgl Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 73a Rn 7) ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH-Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen. Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH-Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 - 1 BvR 1523/92 - juris - Rn 21 = NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint (vgl BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 - Rn 29 - juris = BVerfGE 81, 347ff). Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen der fehlenden Erfolgsaussichten ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (vgl BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07 - juris - Rn 23 = NJW 2008, 1060ff).

Das Urteil des SG wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 23.04.2012 zugestellt und kein Rechtsmittel dagegen eingelegt, sodass das Urteil des...

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